Vitamin D – das Coimbra Protokoll

Ich denke es besteht eine allgemeine Übereinstimmung, dass Vitamin D bei MS von Interesse ist. Studien haben Vitamin D als wichtigen Umweltfaktor identifiziert und legen einen Zusammenhang zwischen Vitamin D und Autoimmunität nahe – wobei dieser Zusammenhang noch nicht vollständig verstanden ist.

Obwohl bereits ein großer Anteil der MS-Erkrankten Vitamin D in therapeutischer Absicht einnimmt, ist es noch nicht abschließend geklärt, ob eine Therapie mit Vitamin D den Krankheitsverlauf positiv beeinflusst. So hat z.B. die SOLAR Studie, die eine Interferon-beta-Therapie plus Placebo mit einer Interferon-beta-Therapie plus hochdosiertem Vitamin D verglichen hat, den primären Endpunkt verfehlt – die Studie war somit formal negativ, die zusätzliche Therapie mit Vitamin hatte keinen Vorteil. Trotzdem zeigten sich interessante Ergebnisse bei der Betrachtung der MRT-Daten in der Gruppe, die zusätzlich Vitamin D eingenommen hatte.

Angesichts dieser Situation verstehe ich den Wunsch vieler Patienten, Vitamin D als interessante und ungefährliche Zusatztherapie einzunehmen – ich rate dann meist pragmatisch zu einer täglichen Einnahme von 2.000 IE oder der einmaligen wöchentlichen Einnahme von 20.000 IE Vitamin D. Ich erinnere aber auch daran, dass die bei weitem effektivste Art, den Vitamin D-Spiegel anzuheben, der Aufenthalt im Freien ist.

Nun kursiert ja seit einiger Zeit der Ansatz des brasilianischen Arztes Dr. C. Coimbra (Coimbra-Protokoll) in den Medien. Das „Coimbra-Protokoll“ verspricht MS-Patienten, dass durch den Einsatz von hochdosiertem Vitamin D keine Schübe mehr auftreten und sich die Symptome der Erkrankung zurückbilden. Behauptungen, dass etwa 95% der MS-Patienten unter Anwendung des Protokolls eine dauerhafte Remission aufweisen, machen die Runde und das Netz überschlägt sich geradezu mit Heilsbotschaften und Dankbarkeit einzelner „erfolgreich behandelter Patienten“ ….

Was steckt hinter dem Ansatz? Kurz zusammengefasst ist Dr. Coimbra der Auffassung, dass Patienten mit der Autoimmunerkrankung MS eine genetisch bedingte Resistenz gegen die Wirkung von Vitamin D aufweisen, wodurch es zu einer „Th17 Reaktion“ kommen soll (Th 17 Zellen sind eine Untergruppe proinflammtorischer T-Lymphozyten, die in der Pathogenese der MS eine Rolle spielen, Anm. des Verfassers). Das Ausmaß der Vitamin D Resistenz wird durch die Messung des Parathormons (PTH = ein Hormon, dass den Calciumspiegel reguliert, Anm. des Verfassers) bestimmt – nach dem Ergebnis wird die Vitamin D Tagesdosis festgelegt, die bis zu 100.000 IE pro Tag betragen kann. Die Patienten sollen zusätzlich eine spezielle Calcium-arme Diät einhalten und auf Milchprodukte verzichten – darüber hinaus soll viel Sport getrieben werden.

Vielleicht sagen sie jetzt, das klingt doch ganz plausibel und vernünftig? Mag sein, aber in der Wissenschaft ist es auch schon aus ethischen Gründen notwendig, dass man eine Hypothese mit wissenschaftlichen Methoden überprüft, bevor man ein Konzept weltweit vermarktet. Letztlich ist unklar ob die von Dr. Coimbra postulierten Wirkzusammenhänge stimmen, denn dafür fehlen die wissenschaftlichen Belege – das Coimbra-Protokoll wurde nie in einer kontrollierten Studie getestet und nie seriös publiziert. Darüber hinaus existieren auch keine publizierten grundlagenwissenschaftlichen Daten zu seiner „Forschung“.

Nun muss man sich vor Augen halten, dass es das „Coimbra-Protokoll“ nicht umsonst gibt – die ganze Prozedur ist mit hohen Kosten verbunden, die vom Patienten selbst getragen werden müssen. Nach Internet-Recherche zahlt man im ersten Jahr zwischen 400 – 1.000 Euro für die Laboruntersuchungen und die Behandlungsstunden bei sog. „zertifizierten“ Ärzten; danach kann man mit Behandlungskosten zwischen 100 – 300 Euro/Jahr rechnen, die Aufwendungen für das Vitamin D selbst variieren zwischen 20 – 200 Euro pro Monat.

136 Kommentare

  1. Mittlerweile wurden über 6500 an Multiple Sklerose erkrankten Personen in Deutschland mit dem Coimbra Protokoll behandelt. Weltweit sind es mehr als 30.000.

    Wenn man den Coimbra Ärzten Glauben schenken darf, dann wurden mit dieser Therapie fantastische Heilerfolge erzielt.

    Menschen die halbseitig gelähmt waren, können wieder 2,5 km laufen und vieles mehr.

    Keine pharmakologische Behandlung konnte auch nur annähernd solche Erfolge erzielen. Von den Nebenwirkungen ganz zu schweigen!

    Da kein Pharmakonzern hinter dieser Therapie steht bzw an dieser Therapie verdient, gab es bisher auch keine Studien.

    Mittlerweile wurde aber eine Studie an der Berliner Charite angestossen. Die Kosten von 1,5 Mio Euro wurden über Spendengelder finanziert!

    Erste Zwischenergebnisse sollen in einem Jahr vorliegen!

    Ich hoffe, dass dann das außerst positive Feedback der Ärzte und Patienten auch klar bestätigt wird für jeden Mediziner der Nutzen dieser Hormontherapie klar ersichtlich sein wird.

    Das Coimbra Protokoll richtet sich gegen ein fehlgeleitetes Immunsystem und kann bei allen Autoimmunkrankheiten wie MS, Rheuma und Psoriasis, … eingesetzt werden.

  2. Hallo,
    danke für Ihren Artikel über die Behandlung nach dem Coimbraprotokoll.
    Auch ich finde diesen Artikel sehr unvollständig und sehr oberflächlich geschrieben.
    Auf der Hinweis:
    „den Vitamin D-Spiegel anzuheben, der Aufenthalt im Freien ist“ …
    ist sehr unqualifiziert. Wie soll das bitte praktisch umgesetzt werden im Herbst und
    im Winter in Deutschland …Es macht auf mich den Eindruck, dass der Leser nicht ernst
    genommen wird …
    Welche Interessen verfolgen Sie mit diesem Artikel? Korrekte Aufklärung sieht anders aus.
    Mit freundlichen Grüßen

  3. Ich bin überrascht über die große verbale Aggressivität bei diesem Thema und froh, dass ich mich gegen das CP entschieden und einen anderen Weg eingeschlagen habe. Bin seit fünf Jahren schubfrei und fühle mich besser denn je. So werde ich demnächst meine volle Erwerbsminderungsrente abgeben und wieder arbeiten können.
    Schade, dass es hier so unangenehm ist.

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