ECTRIMS 2021 (1): Impfung gegen SARS-CoV2

Auch dieses Jahr fand der ECTRIMS Kongress Pandemie-bedingt wieder virtuell statt. Das war zwar schade, denn große internationale Kongresse leben insbesondere vom persönlichen Austausch von Ärzten und Wissenschaftlern, aber trotzdem gab es auch dieses Jahr einiges Interessantes zu sehen und zu hören.

In Zeiten der Pandemie war die Pandemie natürlich eines der herausragenden Themen. Vor allem ging es in der Diskussion um die Wirkung von COVID19-Impfungen bei MS Patienten unter spezifischen Immuntherapien. Bei der Vorstellung der italienischen Daten zur Impfung von MS Patienten mit bereits mehr als 1.300 Datensätzen (CovaXiMS), zeigen Patienten, die mit therapeutischen Antikörpern behandelt werden, welche B-Lymphozyten depletieren – in erster Linie also die Wirkstoffe Rituximab und Ocrelizumab – eine geringere humorale Immunantwort (=Bildung von Antikörpern) gegen SARS-CoV2.

T-Zell-Antwort hält Virus in Schach

Dies ist allerdings kein so ganz überraschender Befund, denn auch bei Impfungen gegen andere Erreger wurde in der Vergangenheit schon eine schwächere humorale Immunreaktion bei Patienten beobachtet, die mit Rituximab oder Ocrelizumab behandelt wurden. Trotzdem führt dieser Befund zu Verunsicherung bei Ärzten und Patienten – Pateinten haben Angst, trotz Impfung unzureichend gegen COVID19 geschützt zu sein, Ärzte waren unsicher, ob sie Ocrelizumab- oder Rituximab-Patienten überhaupt impfen sollen.

Neuere Daten belegen aber, dass mit Rituxiamb oder Ocrelizumab behandelte Patienten trotz der reduzierten humoralen Immunantwort eine ausreichende, teilweise sogar überschießende T-Zell Antwort gegen das SARS-CoV2-Virus ausbilden. Das bedeutet, dass ausreichend spezifische T-Lymphozyten (eine spezielle Form der weißen Blutkörperchen) durch die Impfung gebildet wurden, die in der Lage sind, das Virus bzw. Virus-infizierte Zellen direkt abzutöten.

Antikörpertest unnötig

Diese Arbeiten belegen demnach auch, dass ein Antikörpertest nicht in der Lage ist, die gesamte Immunreaktion nach einer Impfung abzubilden und somit auch keine zuverlässige Aussage über den Impfschutz zulässt. Von daher besteht auch der Konsens unter den europäischen MS Experten, dass eine Antikörpertestung nach der COVID19-Impfung nicht empfohlen ist, weil sich aus dem Ergebnis keine therapeutischen Schlüsse ableiten lassen. Zudem wird auch derzeit auf europäischer Ebene keine unmittelbare Indikation für eine Boosterimpfung von MS Patienten gesehen.

Somit sollten sich MS-Patienten, die mit Rituximab oder Ocrelizumab behandelt werden, nach einer zweimaligen Impfung mit dem SARS-CoV2 sicher fühlen, was einen (schweren) symptomatischen Verlauf einer COVID19-Infektion angeht. Wem das noch nicht reicht, der kann sich in Deutschland – auf der Basis der STIKO-Empfehlungen – eine Boosterimpfung geben lassen.

Der aktuelle Sachstand macht auch deutlich, dass eine Impfung von MS-Patienten gegen SARS CoV2 indiziert ist, auch wenn die Behandlung mit Rituximab, Ocrelizumab oder einem S1P-Modulator (wie z.B. Fingolimod) durchgeführt wird. Es ist europäischer Konsens, dass bei MS-PatientInnen keine Kontraindikation gegen die Impfung besteht und eine Impfung in jedem Fall besser ist als keine Impfung („Any immunity is better than no immunity“).

8 Kommentare

  1. Ich habe mich mit Johnson und Johnson impfen lassen. Ich bekomme auch alle 6 Monate Ocrevus und was soll ich sagen ? 4 Wochen nach meiner Impfung gelte ich in Deutschland als „Nicht geimpft“ und mein Neurologe verweigert mir jetzt mein Ocrevus 🙁

    Ich bin ratlos !!

  2. Ich werde mit Ocrelizumab behandelt und habe 2x Biontech im März bekommen. Als ich im September (ich war zu einer großen Hochzeit geladen) die Antikörper habe testen lassen, kam ich auf 0 Antikörper. Der Schock saß tief und ich bin wieder zurück in die häusliche Isolation. Dieser Artikel kommt für die Hochzeit zwar zu spät, aber macht Hoffnung die Familie an Weihnachten sehen zu können. Kann man seine T-Zellen testen lassen?
    LG Mirli

    1. Hallo Mirli,
      bei mir war es das Gleiche, selbst nach einer dritten Impfung mit Moderna. Auch wenn alle Ärzte mir sagen,dass es wahrscheinlich ist,dass ich im Falle des Falles einen ausreichenden Schutz durch eine T-Zell Immunität hätte, bin ich verunsichert und würde gerne die T-Zellen testen lassen. Nach Aussage der Uniklinik Heidelberg wird dies jedoch wohl nur im Rahmen von Studien gemacht. Für mich heißt das, weiter in der Isolation bleiben..
      LG, I.

  3. Die aufgeführte ital. Studie bezieht sich auf auf B-Zell-depelementierte Therapien, bei denen T-Lymphozyten (eine spezielle Form der weißen Blutkörperchen) ausreichen vorhanden sind.
    Dies ist jedoch bei S1P-Modulator (wie z.B. Fingolimod) nicht der Fall, da 2/3 der Lymphozyten bewußt im Lymphknoten zurückgehalten werden, damit die MS in Schach gehalten wird.
    Nachzulesen unter Novartis:
    Gilenya hilft, das ZNS gegen Angriffe des Immunsystems zu schützen, indem es bestimmte weiße Blutkörperchen (Lymphozyten) daran hindert, sich frei im Körper zu bewegen, und diese vom Gehirn und vom Rückenmark fernhält. Auf diese Weise wird die durch MS verursachte
    Nervenschädigung begrenzt. Novartis hat auch eine sehr gute Patienten-Hotline!
    Bei mir hat die doppelte BionTech-Impfung unter Fingolimod mit 1/2 Dosis keine Corona-Antikörper produziert. Auch die Lymphozytenzahl hat sich durch die Reduzierung auf 1/2 Dosis nicht verbessert. Lediglich das kpl. Absetzen hat die Lymphozyten nach 8 Wo. auf 1.000 erhöht.
    Die Stiko-Empfehlung zur 3. Impfung ist für mich in jedem Fall maßgebend.
    https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/43_21.pdf?__blob=publicationFile

  4. Ich bekomme alle 6 Monate ocrelizumab. Muss ich mich impfen lassen? Meine Schwester wurde mit AstraZeneca geimpft und hat seitdem eine Herzmuskelentzündung. Ich habe Angst davor.
    Ich will mich nicht impfen lassen!

    1. Ich habe inzwischen die dritte Impfung und alle gut vertragen. Damit fühle ich mich sicher und meine Angst wäre eher die vor den Folgen einer Covid-Erkrankung als die vor einer Impfung.
      Natürlich beeinflusst es einen, wenn eine Bekannte oder Verwandte Probleme nach einer (oder durch eine) Impfung bekommen hat. Das Paul-Ehrlich-Institut veröffentlicht die bekannten Fälle von Erkrankungen nach der Impfung, bisher ist das Verhältnis im EWR bei mRNA-Impfstoffen und Myokarditis ca. 200 Millionen zu 170. Das Risiko ist also natürlich nicht null, aber gering. Und jeder muss aufgrund der Datenlage ein eigenes Gefühl entwickeln, was für ihn (und auch für andere, geschwächte Mitmenschen) riskanter ist.

    2. Ihre Angst kann ich absolut nachvollziehen, ich möchte mich auch nicht impfen lassen. Und wenn ich mir die Zahl der Impfdurchbrüche betrachte und die Berichte von Impfnebenwirkungen (auch in der Familie), kommen mir erhebliche Zweifel …

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