Die neuen S1P-Modulatoren

Neben den Studiendaten von Ofatumumab, über die ich bereits berichtet hatte (s. DocBlog-Beitrag vom September 2019) wurde auf dem ECTRIMS 2019 in Stockholm noch ein weiteres neues Studienprogramm vorgestellt. Es handelt sich um die sogenannte OPTIMUM Studie, die die Wirkung des neuen Wirkstoffs Ponesimod gegen den aktiven Komperator Teriflunomid (Aubagio) getestet hat. Ponesimod gehört wie Fingolimod (Gilenya) und Siponimod (Mayzent) zur Gruppe der S1P (Spingosin 1 Phosphat) Modulatoren. Der S1P Rezeptor wird von aktivierten Entzündungszellen benötigt, um aus den sekundär lymphatischen Organen (z.B. Lymphknoten) in den Blutstrom zu gelangen und im Gehirn eine Entzündung hervorzurufen. Die Einnahme führt somit zu einer verminderten ZNS Entzündung und effizienten Kontrolle von aktiven MS Verläufen.

Im Gegensatz zu Fingolimod (Gilenya), das noch an verschiedene Untergruppen des S1P-Rezeptors bindet und dadurch ein relativ breites Spektrum an Nebenwirkungen hervorrufen kann, binden die neueren Substanzen relativ spezifisch an den S1P1-Rezeptor, der vorwiegend auf der Oberfläche von Entzündungszellen zu finden ist (und die immunmodulatorische Wirkung begründet). Die neuen Wirkstoffe der Substanzgruppe der S1P-Modulatoren gelten daher als besser verträglich.

In die o.g. OPTIMUM Studie wurden mehr als 1000 Patienten eingeschlossen und über 108 Wochen entweder mit der neuen Substanz Ponesimod oder mit dem etablierten oralen MS Medikament Teriflunomid (Aubagio) behandelt. Ponesimod war der Behandlung mit Teriflunomid in Bezug auf die jährliche Schubrate und die MRT-Aktivität signifikant überlegen. Bei der Beeinflussung der Behinderungsprogression zeigte sich aber kein Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen. Beide Substanzen waren gut verträglich, ein Unterschied in den Abbruchraten ergab sich nicht, auch hinsichtlich Nebenwirkungen und schwerwiegenden Nebenwirkungen zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Substanzen. Die Studie bestätigte somit nicht nur die gute antientzündliche Wirkung des S1P-Modulators Ponesimod, sondern auch die gute Verträglichkeit der Substanz. Insbesondere die im Zusammenhang mit Fingolimod diskutierten Bradykardien und Herzrhythmusstörungen stellten in der aktuellen Studie kein Problem dar.

Die OPTIMUM-Studie ist damit eine weitere Studie, die die Wertigkeit der neueren S1P-Modulatoren belegt. Vor kurzem wurden die Ergebnisse zweier Phase-III-Zulassungsstudien (SUNBEAM und RADIANCE) zur Wirkung von Ozanimod bei schubförmiger MS in der Fachzeitschrift Lancet Neurology veröffentlicht (Comi G et al. Safety and efficacy of ozanimod versus interferon beta-1a in relapsing multiple sclerosis (SUNBEAM): a multicentre, randomised, minimum 12-month, phase 3 trial. Lancet Neurol. 2019 Nov;18(11):1009-1020 und Cohen et al. Safety and efficacy of ozanimod versus interferon beta-1a in relapsing multiple sclerosis (RADIANCE): a multicentre, randomised, 24-month, phase 3 trial. Lancet Neurol. 2019 Nov;18(11):1021-1033).

Ja – richtig geraten, angesichts des charakteristischen Namens der Substanz handelt es sich auch hierbei um einen S1P-Modulator – und ebenfalls um einen S1P-Modulator mit einer hohen Spezifität für die Untergruppe der S1P1-Rezeptoren. Ozanimod wurde in zwei unterschiedlichen Dosierungen gegen Interferon-beta 1a intramuskulär (Avonex) getestet. Auch hier zeigte sich die neue Substanz dem etablierten MS-Medikament im Hinblick auf die Reduktion der jährlichen Schubrate und der MRT-Aktivität überlegen. Die Behinderungsprogression hingegen unterschied sich zwischen den Behandlungsgruppen nicht. Erfreulicherweise waren auch in diesen Studien die Nebenwirkungen zwischen den Untersuchungsgruppen vergleichbar, sodass dieses Studienprogramm die gute Verträglichkeit des neuen S1P-Modulators unterstützt.

Es ist zu erwarten, dass Ozanimod, welches sich derzeit im Zulassungsverfahren befindet, 2020 eine Zulassung für die Behandlung der schubförmigen MS erhalten wird. Die Zulassung von Ponesimod, dessen Ergebnisse jetzt erstmals auf dem ECTRIMS 2019 vorgestellt wurden, wird wohl folgen.

Im Gegensatz zur Vorläufersubstanz Fingolimod, das aufgrund seiner Historie eher bei aktiveren MS-Verläufen eingesetzt wird, dürften sich die neueren S1P-Modulatoren wohl eher im Bereich der Erstlinientherapie etablieren. Ich halte das durchaus für eine gute Nachricht, denn eine bessere Wirksamkeit bei gleicher Verträglichkeit ist in diesem Segment durchaus zu befürworten. Auf der anderen Seite muss man aber auch der Euphorie etwas entgegentreten, denn ein wirklich neues Konzept wird durch die Studien nicht eingeführt – es ist eher (sorry für die Analogie zur Autoindustrie) ein „Facelift“ eines bekannten Modells.

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