Lymphozytopenie unter Tecfidera

Dimethylfumarat (Tecfidera®)hat sich als Erstlinientherapie zur Behandlung der Multiplen Sklerose etabliert. Die Verfügbarkeit einer gut wirksamen oralen Therapie mit einem günstigen Nebenwirkungsprofil hat die Möglichkeiten der MS Therapie erweitert.Verunsicherung kam auf, nachdem vier Fälle einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) unter Therapie mit Tecfidera aufgetreten sind. Dabei handelt es sich im Gegensatz zur Therapie mit Natalizumab (Tysabri®) um ein sporadisches Auftreten, das bei vielen Immuntherapien vorkommen kann. Zum Vergleich: aktuell werden ungefähr weltweit 170.000 Patienten mit Dimethylfumarat behandelt und 4 PML-Fälle sind weltweit aufgetreten, mit Natalizumab werden derzeit 150.000 Patienten weltweit behandelt und es sind über 600 PML-Fälle bekannt. Wir sprechen somit bei Tysabri über eine ganz andere Größenordnung, die selbstverständlich auch ein anderes Risikomanagement erforderlich macht.

Dennoch ist es natürlich von hohem Interesse, mehr über die PML-Fälle unter Tecfidera zu erfahren und Risikofaktoren zu identifizieren. So war bei drei der vier PML-Fällen unter Tecfidera im Vorfeld eine lang anhaltende Lymphozytopenie zu beobachten, also ein Abfall der Lymphozyten (Untergruppe der weißen Blutkörperchen im Differentialblutbild) im peripheren Blut auf < 500/µl. Der vierte Fall hatte zwar keine so ausgeprägte Lymphozytopenie, aber auch hier war eine Unterschreitung der unteren Normgrenzen der Lympozytenwerte nachzuweisen.

Demnach ist die langanhaltende Lymphopenie (> 6 Monate) der einzige identifizierbare Risikofaktor für das Entstehen einer PML unter Tecfidera. Daher wurde nach der Neubewertung der Medikamentensicherheit durch die europäische Arzneimittelkommission (European Medicines Agency, EMA) auch eine regelmäßige Kontrolle des Differentialblutbildes unter  Tecfidera vorgeschrieben.

Auf den aktuellen Kongressen wurde nun kommuniziert, dass das Risiko für eine lang anhaltende Lymphopenie vor allem dann besteht, wenn in den ersten 6 Monaten nach Therapieeinleitung Lymphozytenwerte von unter 500/µl im peripheren Blut gemessen werden. Insbesondere zu Beginn einer Tecfidera-Therapie lohnt es sich daher zu beobachten, ob es zu einem raschen Abfall der Lymphozyten kommt. Bei Patienten, die einen solchen raschen Abfall der Lymphozyten zeigen und deren Werte auch im Verlauf niedrig bleiben, sollte nach einer Therapiealternative gesucht werden.

Patienten, die in den ersten Monaten stabile Lymphozytenwerte aufweisen, die bis zu 30% unter den Basiswerten liegen, haben wahrscheinlich auch im weiteren Verlauf kein wesentliches Gefährdungspotential. Zudem sollte ein einmalig niedrig gemessener Lymphozytenwert keine direkte Konsequenz nach sich ziehen, sondern erst einmal kontrolliert werden. Bis weitere Erkenntnisse vorliegen, erscheint das konsequente Monitoring der Lymphozyten vor allem in der Anfangsphase der Therapie ein probates Mittel zu sein, um Patienten mit einem erhöhten Risiko zu identifizieren.

19 Kommentare

  1. Freunde,
    MS ist ne Scheiß-Erkrankung, ohne Aussicht auf Heilung.
    Deshalb sage ich; wenn Tecfidera hilft, also dem einzelnen Individuum hilft, dann schlucken es!
    Wer lieber ohne Therapie, oder mit einer anderen besser fährt, do it.
    Die Ärzte sind eben auch nur auf Daten fixiert, die sicher nicht alle korrekt sind.
    Aber der MS-Kranke will doch, dass ihm geholfen wird, irgendwie.
    Diese Hilfe- wollen und sich doch ausgeliefert fühlen, bleibt ein unauflösbares Dilemma.

  2. Jetzt immer noch eine Untergrenze von *500/µl zu propagieren, finde ich fahrlässig!
    Ich würde auf keinen Fall eine Unterschreitung von 1000 /µl hinnehemen (was übrigens immer noch eine Lymphopenie darstellt, Herr Mäurer, und bei einer Unterschreitung der 500 handelt es sich dann um eine SCHWERE Lymphopenie!)
    Langzeitdaten? Liegen nicht vor, wir befinden uns immer noch in der Testphase am Patienten.
    Viele Grüße von einer, die eine schwere Lymphopenie unter Tecfidera schon hinter sich hat.
    Seitdem Absetzen vor über einem Jahr glücklich und schubfrei – mit top MRT.
    Laßt euch keinen Sand in die Augen streuen. Böse Überraschungen werden auch in Zukunft auftreten, solange Neurologen sich an die Empfehlungen* von Prof. Mäurer halten (Untergrenze 500)!
    Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

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