Impfung gegen SARS CoV2 –Antworten zu häufigen Fragen

Die Impfung gegen SARS CoV2 ist zwar nicht die Lösung aller Probleme der Corona-Pandemie, aber sie wird uns ein gutes Stück näher in Richtung Normalität bringen. Es liegt nun an der Einstellung jedes Einzelnen, ob die Impfkampagne zu einem schnellen und nachhaltigen Erfolg führt.

Ist die schnelle Zulassung des Impfstoffes ein Problem?

Nachdem zu Beginn der Pandemie fast 80 % der Bundesbürger angegeben haben, sich bei Verfügbarkeit eines Impfstoffes impfen zu lassen, hat sich die Impfbereitschaft paradoxerweise mit Verfügbarkeit eines wirksamen Impfstoffes eher verringert. Das Hauptargument, das man als Begründung dazu hört, sind Sicherheitsbedenken – es könne doch nicht mit rechten Dingen zugehen, dass, wenn eine Impfstoffentwicklung unter normalen Bedingungen Jahre dauert, jetzt bereits nach nur einem Jahr ein marktreifer Corona-Impfstoff zur Verfügung steht.
Die Antwort auf diese Bedenken ist ziemlich eindeutig: Es ist alles mit rechten Dingen zugegangen! Wir wurden Zeugen, was möglich ist, wenn die Weltgemeinschaft zusammenarbeitet, wenn alle ein Ziel haben und am gleichen Strang ziehen – darauf kann man stolz sein, es ist sicher kein Grund zur Sorge.
Eine Impfstoffentwicklung (ohne den Druck einer Pandemie) dauert deswegen so lange, weil die unterschiedlichen Phasen der klinischen Prüfung in der Regel nacheinander abgearbeitet werden. Am Ende der Prüfphase, wir dann ein Dossier zusammengestellt, das bei den Zulassungsbehörden (in Europa ist das die Europäische Arzneimittelagentur EMA) zur Prüfung eingereicht wird. Die Behörde bewertet das Dossier in einem vorgegebenen Zeitrahmen, der sich aber durch Rückfragen oder Nachforderungen der Behörden auch verlängern kann. Darüber hinaus trägt der pharmazeutische Impfstoffhersteller das gesamte finanzielle Risiko der Entwicklung – deswegen wird auch nach jeder Phase sorgfältig beurteilt, ob sich eine Weiterentwicklung lohnt und ob überhaupt ein entsprechender Markt existiert, der die Entwicklungskosten rechtfertigt – auch diese wirtschaftliche Komponente führt häufig zu einer deutlichen Verlängerung der Entwicklungszeit.
Alle diese Barrieren sind aktuell durch die Pandemie außer Kraft gesetzt. Zuallererst spielt Geld eine untergeordnete Rolle – der Bedarf für den Impfstoff existiert, die pharmazeutische Industrie kann aktuell ohne Risiko entwickeln. Das hatte zur Folge, dass die unterschiedlichen Phasen der klinischen Prüfung teilweise parallel durchgeführt werden konnten, was einen großen Zeitgewinn zur Folge hat. Und schließlich verlief die Kommunikation mit den Behörden wesentlich dynamischer als in normalen Zeiten – durch ein sog. „rolling review“ Verfahren wurden die Datenpakete umgehend durch die Arzneimittelagentur bewertet, sobald sie verfügbar waren. Auch das hat zu einer erheblichen Beschleunigung des Zulassungsprozesses beigetragen.
Somit ist die Aussage des Bundesgesundheitsministers vollkommen korrekt, dass für die Zulassung des neuen Impfstoffes die gleichen hohen Qualitätskriterien galten und gelten, wie für jedes andere Medikament, das in normalen Zeiten zugelassen werden soll. Wir erleben aufgrund der maximalen Kooperation aller beteiligten Institutionen aber eine erhebliche Beschleunigung des gesamten Prozesses – wie es ja auch aufgrund der Situation geboten ist.
Diese Erfolgsstory innerhalb der dunklen Zeit der Pandemie sollte uns eher Mut machen als uns zu verunsichern. Vielleicht gelingt es ja in der Zunkunft, auch bei anderen drängenden Problemen – wie z.B. dem Klimawandel – eine ähnliche Dynamik und einen ähnlichen Pragmatismus aufzubringen.

Angst vor Gentechnik?!

Wer heutzutage mit pauschaler Angst vor „Gentechnik“ in der Medizin hausieren geht, ist einfach nur dümmlich und rückwärtsgewandt. Gentechnisch hergestellte Medikamente sind seit Jahrzehnten Realität in der klinischen Medizin und fester Bestandteil bei der Therapie einer Vielzahl von Erkrankungen. Insulin zur Behandlung des Diabetes mellitus wird mit z.B. gentechnischen Verfahren hergestellt, genauso wie Tysabri und Ocrevus zur Behandlung der MS.
Auch in der Impfstoffentwicklung haben gentechnische Methoden schon vor vielen Jahren Einzug gehalten, diesbezüglich ist auch der neue COVID19 Impfstoff keine Besonderheit. Eine Neuerung ist allerdings die Vakzinierung mittels mRNA (messenger RNA) – wobei man auch hier nicht übersehen sollte, dass die mRNA-Technologie schon seit Jahrzehnten intensiv beforscht wird, allerdings eher im Hinblick auf therapeutische „Impfungen“ gegen bestimmte Krebsformen – das war ja auch die primäre Ausrichtung von Unternehmen wie Biontech und Curevac, die jetzt maßgeblich die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen COVID19 vorangetrieben haben.
Das Prinzip des neuen Impfstoffes ist, dass die verimpfte mRNA den „Bauplan“ eines wesentlichen Virusmerkmals (sog. Spike Protein) enthält. Die mRNA überträgt die Informationen für die Produktion dieses Merkmals an unsere Zellen, die dann das Virusprotein herstellen und es dem Immunsystem präsentieren. Das Immunsystem erkennt dieses Protein als fremd und wird zu einer Immunantwort stimuliert. Wenn dann der Körper mit dem echten Virus in Kontakt kommt, kann das Immunsystem sofort reagieren und das Corona-Virus unschädlich machen, bevor es zu einer Infektion kommt.
Dieses Prinzip hat im Übrigen kein Potential, unser Erbgut zu verändern – wie manche Impfgegner behaupten. Wer im Biologieunterricht aufgepasst hat weiß, dass die mRNA von unserer DNA (auf der ist nämlich unser genetischer Bauplan abgelegt) abgelesen wird und dann vom Zellkern in das Zellinnere transportiert wird, um hier den Bauplan für Proteine zur Verfügung zu stellen. Die Decodierung dieses Bauplans findet in den Proteinfabriken (den Ribosomen) im Zellinneren statt und passiert in unseren Körperzellen zur Aufrechterhaltung des Funktions- und Strukturstoffwechsels ständig. Die wenigen mRNA Moleküle, die durch die Impfung (mit dem Bauplan des Virusmoleküls) von außen in eine Zelle gelangen, werden in gleicher Weise wie die körpereigene mRNA in den Ribosomen decodiert – mit dem Unterschied, dass dann kein menschliches (eigenes) Protein hergestellt wird, sondern das Virusprotein (Fremdprotein).
mRNA ist zudem relativ instabil und wird nach wenigen Stunden vollständig abgebaut – von einer längerfristigen Veränderung unserer Zellen oder gar unseres Erbguts kann daher überhaupt keine Rede sein. Trotzdem reicht die kurze Verweilzeit aus, um so viel Virusprotein herzustellen, dass unser Immunsystem mit einer Immunantwort reagieren kann, die uns vor einer Infektion mit dem echten Corona-Virus schützen kann. Letztlich ein geniales Prinzip, das herkömmlichen Impfstoffen in nichts nachsteht – ihnen angesichts der aktuelle Daten vielleicht sogar überlegen ist.

… und die Nebenwirkungen?

Die meisten Menschen, die Impfungen skeptisch gegenüberstehen, verweisen auf mögliche schwere Nebenwirkungen von Impfungen. Bei der Impfung gegen COVID19 steht dieses Thema ebenfalls im Vordergrund – vor allem mit dem Verweis, man könne doch angesichts der kurzen Studiendauer noch gar nicht abschätzen welche Nebenwirkungen der Impfstoff hat.

Die Studie, die zur Zulassung des Biontech/Pfizer Impfstoffes geführt hat, ist mittlerweile publiziert (Polack et al. Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine. DOI: 10.1056/NEJMoa2034577), so dass man gut nachlesen kann, was derzeit über Verträglichkeit und Sicherheit des Impfstoffes bekannt ist – und diese Informationen sind nicht besorgniserregend.
Grundsätzlich muss mit einer Impfreaktion (Schmerzen/Schwellung an der Einstichstelle, erhöhte Körpertemperatur, Abgeschlagenheit etc.) gerechnet werden – diese war in der Regel leicht bis moderat und bei älteren Erwachsenen weniger häufig und milder als bei jüngeren Erwachsenen. Die systemische Reaktion (Fieber, Abgeschlagenheit, Unwohlsein) war nach der zweiten Dosis häufiger und schwerer als nach der ersten Dosis, obwohl die Lokalreaktion an der Einstichstelle nach beiden Gaben ähnlich war. Bei ungefähr 4% der Impfstoff-Empfänger wurden schwere Allgemeinsymtome beobachtet – aber alle diese Symptome waren, wie es bei Impfreaktionen üblich ist, vorrübergehend.
Schwerwiegende Nebenwirkungen traten in der Impfstoffgruppe und der Placebo-Gruppe mit 0,6 % bzw. 0,5 % in etwa gleichhäufig auf –bei 4 der ca. 18.000 geimpften Probanden wurde ein Zusammenhang mit dem Impfstoff angenommen. Bei diesen Fällen handelte es sich um eine Schulterverletzung durch die Injektion, eine Lymphknotenschwellung in der Achsel, eine intermittierende Herzrhythmusstörung und um eine Gefühlsstörung des rechten Beins. Zwei Impfstoff-Empfänger starben (einer an Arteriosklerose, einer an Herzstillstand), allerdings auch vier Placebo-Empfänger (zwei an unbekannten Ursachen, einer an einer Hirnblutung und einer an einem Myokardinfarkt). Die Studienärzte sahen aber keinen Zusammenhang zwischen den Todesfällen und der Verabreichung des Impfstoffes bzw. der Placebo-Injektion.
Im Median wurden die Probanden, deren Ergebnisse jetzt publiziert wurden, 2 Monate nach der 2. Impfdosis beobachtet – insgesamt ist die Studie auf zwei Jahre angelegt. Von daher ist es richtig, dass man seltene Nebenwirkungen erst im weiteren Verlauf mit ausreichender Sicherheit beurteilen kann. Auf der anderen Seite ist die Zeit durchaus ausreichend genug, um typische immunologische Nebenwirkungen, die durch einen Impfstoff hervorgerufen werden können, zu beurteilen. Denn typische Impfkomplikationen wie eine Anaphylaxie oder eine immunologische Spätreaktion (wie z.B. eine akute Polyneuritis) müssten innerhalb von 6 Wochen nach der Impfung aufgetreten sein, sonst ist ein Zusammenhang mit der Impfung äußerst fraglich.
Darüber hinaus sollte man natürlich auch hinterfragen, ob man wirklich wegen noch nicht bekannten sehr seltenen Nebenwirkungen einen Impfstoff zurückhalten darf, der in der Lage ist, Menschen effektiv vor einem Virus zu schützen, das in der Bevölkerungsgruppe der über 80jährigen eine Letalität von bis zu 30 % der Infizierten bedingt. Auch von daher ist die Zulassung zum jetzigen Zeitpunkt absolut richtig – ein sinnvolles Nutzen-Risiko-Verhältnis (so würden wir das als Mediziner bezeichnen) ist gegeben.

 

 

10 Kommentare

  1. In England wird Personen mit vorerkrankungen, auch ms, eher der Astra zeneca Impfstoff verabreicht. Auf den warte ich.

    Zumal ich jetzt schon von fallen gehört hab, da msler aus der Pflege sich impfen lassen wollten, das dann aber abgelehnt wurde vom impfteam.

  2. wichtig ist ja in diesem Zusammenhang, ob die Gabe von Ocrevus eines MS-Patienten und der Impfstoff MRNA Corvid 19 sich gegenseitig aufheben. Laut den Ärzten in der Uni gibt es noch keine Studien darüber, sind auch skeptisch und können MS Patienten auch logischerweise keine Antwort bieten ,so schnell wie der Impfstoff zugelassen wurde. Nun zu Frage: Es soll von Copaxona auf Ocrevus umgestellt werden, darüber hinaus muss man abwägen : Nutzen und Risiko , also was zuerst? Die Impfung gegen Corona oder die neue Therapie um neue Läsionen zu verhindern ?
    Und warum werden chronisch Kranke erst so spät geimpft?
    Vielen Dank für die Beantwortung, vielleicht haben Sie eine Idee!!!

  3. wichtig ist ja in diesem Zusammenhang, ob die Gabe von Ocrevus eines MS-Patienten und der Impfstoff MRNA Corvid 19 sich gegenseitig aufheben. Laut den Ärzten in der Uni gibt es noch keine Studien darüber, sind auch skeptisch und können MS Patienten auch logischerweise keine Antwort bieten ,so schnell wie der Impfstoff zugelassen wurde. Nun zu Frage: Es soll von Copaxona auf Ocrevus umgestellt werden, darüber hinaus muss man abwägen : Nutzen und Risiko , also was zuerst? Die Impfung gegen Corona oder die neue Therapie um neue Läsionen zu verhindern ?
    Und warum werden chronisch Kranke erst so spät geimpft?
    Vielen Dank für die Beantwortung, vielleicht haben Sie eine Idee!!!

  4. Prof Mäurer, Sie schreiben hier wortreich am Thema vorbei.
    Der zentrale Punkt ist: was sind die möglichen Langzeit-Risiken dieser erstmals am Menschen angewandten Impfstoff-Technologie speziell auf den Krankheitsverlauf von MS-Betroffenen? Wenn Sie ehrlich sind, dann müssen Sie darauf antworten: „Keine Ahnung. Wurde noch nicht untersucht. Impft euch mal, dann sehma’s schon“

    1. Herr Chris, nun bin ich zwar kein Mediziner, sage aber: Sie sollten die möglichen Langzeit-Folgen einer Impfung (womit wir uns schon im Bereich der Spekulation befinden) mit den bekannten unmittelbaren und und bei einer Reihe von Covid-Patienten bereits eingetretenen dauerhaften Folgen einer Corona-Erkrankung vergleichen. Diese sind z.B. Organ-Entzündungen und dauerhafte Organschäden (etwa in den Nieren oder der Lunge) Oder Entzündungen im Gehirn, die Folgen hat, wie Patienten berichten. Ich habe auch noch nichts darüber gehört, dass ein Corona-Geimpfter zusätzliche Sauerstoffzufuhr braucht oder gar beatmet werden musste. Sehr wohl aber bei Covid-Patienten – bis hin zur Überlastung der Intensivstationen! Bei einer Abwägung der Risiken gibt es für mich also gar keine Frage: Sag ja zur Impfung.

  5. „Wer heutzutage mit pauschaler Angst vor „Gentechnik“ in der Medizin hausieren geht, ist einfach nur dümmlich und rückwärtsgewandt.“

    Danke, dass Sie es sagen. Ich kann es auch nicht mehr hören 🙂

  6. Natürlich ist eine Impfung von Vorteil. Bis dato wurde aber nicht gesagt bzw. geschreiben, dass eine Impfung in den Pasen I-III mit MS- Patienten stattgefunden hat und man ja dadurch auch keine Aussage dazu treffen kann ob dies bei den MS Therapien nicht zu Nebenwirkungen führen kann. Wie sehen Sie das bei Therapien mit Tysabri, Ocrevus …. ?

    Besten Dank für Ihre Antwort
    Christian

      1. Hallo zusammen ich leide auch an Zwei Chronischen Krankheiten nehme auch Medikamente, wie sie, Lamotrigin , Gylenia welche Nebenwirkungen kann man bekommen? Gibt es schon Infos darüber ? Grüße Andy

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