Animation der Blutbahn und Immunzellen mit Wirkstoff

Phase-2-Studie mit Vidofludimus Calcium (IMU838): eine Einordnung

Vidofludimus-Calcium (IMU838) ist ein neuer, selektiver Hemmer des Enzyms Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH) des Biotech-Unternehmens Immunic Theapeutics. Der Hersteller testet ihn aktuell bei Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose in einer Phase-2-Studie.

Die Hemmung des Enzyms DHODH, das an der DNA- und RNA-Synthese beteiligt ist, führt zur Proliferationshemmung von T- und B-Zellen und kann daher zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden. Bei der schubförmigen MS wird das Wirkprinzip schon seit einigen Jahren eingesetzt – das Medikament Aubagio® (Wirkstoff: Teriflunomid) beruht ebenfalls auf der Hemmung von DHODH.

Unterschiede zwischen Vidofludimus und Teriflunomid

Vidofludimus Calcium besitzt gegenüber Teriflunomid eine unterschiedliche chemische Struktur, die Enzymhemmung ist im Vergleich zu Teriflunomid ca. 2,6-mal wirksamer, insbesondere im Hinblick auf die Hemmung der T-Lymphozyten-Proliferation und der Sekretion von IL-17 und IFN-γ, zwei wichtigen entzündungsfördernden Zytokinen. Die Serumhalbwertszeit von etwa 30 Stunden bietet die Grundlage für die einmal tägliche Gabe von Vidofludimus-Calcium, mit einer schnellen Dosierung bis zum Steady-State-Level innerhalb von 5 Tagen und der Möglichkeit, das Medikament bei Bedarf schnell auszuwaschen. Das ist ein weiterer Unterschied zu Terflunomid, das aufgrund seines entero-hepatischen Recyclings sehr lange im Körper verbleibt und eine spezielle Auswaschprozedur erfordert.

Sicherheit und Wirksamkeit von Vidofludimus-Calcium wurden in einer doppelblinden, 24-wöchigen, placebokontrollierten Phase-2-Studie bei Patienten mit schubförmiger Multiple Sklerose im Alter von 18 bis 55 Jahren untersucht. Die Ergebnisse der sog. EMPhASIS-Studie wurden im letzten Jahr publiziert (Fox et al. Ann Clin Transl Neurol 2022 Jul;9(7):977-987).

Wirkung und Nebenwirkung von Vidofludimus

Die Patienten wurden innerhalb dieser Phase-2-Studie mit Vidofludimus Calcium (IMU838) entweder einmal täglich mit 30 mg Vidofludimus-Calcium, einmal täglich 45 mg Vidofludimus-Calcium oder einmal täglich mit Placebo behandelt. Der primäre Endpunkt der Studie war die kumulative Anzahl neuer, aktiver MRT Läsionen nach 24 Wochen Beobachtungszeit. Hier zeigten sich in der Placebogruppe nach 24 Wochen 6,4 aktive Läsionen, in der Behandlungsgruppe mit 45 mg Vidofludimus-Calcium nur 2,4 aktive Läsionen, was einem statistisch signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen entspricht. Signifikante Unterschiede zwischen den beiden Dosierungen von Vidofludimus-Clacium fanden sich hingegen nicht, auch nicht in Bezug auf unerwünschte Ereignisse. Insgesamt wurde keine erhöhte Inzidenz von infektiösen, hepatischen oder renalen behandlungsbedingten unerwünschten Ereignissen gefunden. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten jeweils bei 1 % der mit Placebo und 1 % der mit Verum behandelten Patienten auf.

Zusammenfassend zeigt die Phase II Studie, dass die Behandlung mit Vidofludimus-Calcium bei Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose zu einer signifikanten Verringerung neuer Läsionen in der Magnetresonanztomographie führt und insgesamt ein günstiges Sicherheitsprofil besitzt. Diese Ergebnisse rechtfertigen, dass die Substanz nun in einer größeren und Zulassungs-relevanten Phase III Programm getestet wird. Dieses Programm heißt ENSURE und besteht aus Zwillingsstudien zur Evaluierung der Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Vidofludimus-Calcium bei schubförmiger MS im Vergleich zu Placebo. Daten aus einer Zwischenanalyse werden Ende 2024 erwartet, die Ergebnisse der ersten ENSURE-Studie gegen Ende 2025. Man darf auf die Ergebnisse gespannt sein.

Studie mit Vidofludimus bei progredienter MS

Neben dem Studienprogramm zur schubförmigen MS führt der Hersteller derzeit auch eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-2-Studie bei progressiver MS durch, um das neuroprotektive Potential von Vidofludimus-Calcium zu untersuchen. In der Studie mit dem Namen CALLIPER-Studie sollen etwa 450 Patienten in Nordamerika, West-, Mittel- und Osteuropa entweder mit Vidofludimus-Calcium oder Placebo behandelt werden. Der primäre Endpunkt der Studie ist die prozentuale Veränderung des Gehirnvolumens über einen Zeitraum von bis zu 120 Wochen. Daten aus der Zwischenanalyse der CALLIPER-Studie sollen in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 vorliegen, die endgültigen Daten werden Ende 2024 erwartet.

2 Kommentare

  1. Guten Tag,
    laut den Studie sind die Nebenwirkungen von Vidofludimus sehr gering, viele Studienteilnehmer sind laut Hersteller bereitwillig in eine Folgestudie übergewechselt. Offenkundig auch ein Unterschied zu Teriflunomid, wo über hohe Absprungraten berichtet wurde.
    Hier würde mich Ihre Einschätzung interessieren: Stimmt es, dass viele Betroffene in frühen Phasen auf eine Therapie verzichten, weil die Nebenwirkungen sie abschrecken? Wäre ein sehr gut verträgliches Medikament geeignet, diese Menschen zu einer Therapie zu bewegen – auch wenn die Wirksamkeit geringer als bei anderen Medikamenten wäre?

  2. Guten Tag,
    die Multiple Sklerose Gesellschaft aus Luxemburg publiziert 4 mal im Jahr eine Zeitung mit Artikeln zur MS.(Auflage 1300 Stück nur an Mitglieder)
    Der Artikel über die Studie mit Vidofludimus finde ich interessant.
    Könnten wir diesen Artikel , mit ihrer Erlaubnis, publizieren?
    Respektvoll
    Pauly Anne-Marie
    Sozialarbeiterin bei Multiple Sklerose Luxembourg

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