Impfungen und Immuntherapie bei MS

Es existiert mittlerweile eine große Anzahl unterschiedlicher MS-Therapeutika. Bei der Auswahl der Therapie spielt es mittlerweile auch eine gewisse Rolle, ob und gegen welche Erreger geimpft werden sollte. Insbesondere in Erwartung einer COVID19-Impfung wird dies von vielen Patienten nachgefragt.

Es besteht grundsätzliche Einigkeit darüber, dass inaktivierte Impfstoffe auch bei immunsupprimierten Patienten keinen Schaden anrichten. Die Daten zur Wirksamkeit von Impfungen in Kombination mit den verschiedenen verfügbaren MS-Medikamenten sind jedoch noch lückenhaft.

Im Gegensatz zu den Totimpfstoffen sollten Lebendimpfstoffe unter immunsuppressiver MS-Therapie nicht angewendet werden. Trotzdem kann es Situationen geben, in denen Nutzen und Risiken einer Lebendimpfung gegeneinander abgewogen werden müssen, z.B. bei MS-Patienten unter Fingolimod-Behandlung, die bisher keinen Kontakt mit Varizellen (Windpocken) hatten – hier kann eine Varizellen-Impfung in Betracht gezogen werden, da schwere Komplikationen der natürlichen Infektion das Risiko der Lebendimpfung überwiegen.

Was den Zeitpunkt einer Impfung bei MS-Patienten betrifft, die vor dem Beginn einer immunsuppressiven Therapie stehen, so herrscht weitgehende Einigkeit. Die Impfungen sollten generell frühzeitig vor Behandlungsbeginn erfolgen. Zwischen Totimpfstoffen und Beginn einer Immuntherapie sollten mindestens 2 Wochen liegen, bei Impfung mit Lebendimpfstoffen sind mindesten 4 – 6 Wochen Abstand einzuhalten. Die Notwendigkeit von Booster-Impfungen unter einer Immuntherapie ist zu beachten, Titerkontrollen können helfen, den Impferfolg zu bewerten.

Da die Schutzwirkung von Impfungen hauptsächlich durch die Bildung von Antikörpern vermittelt wird, sollten Impfungen vor allem vor der Anwendung von B-Zell depletierenden Therapien in Erwägung gezogen werden, vor allem Impfungen gegen bekapselte Bakterien wie Pneumokokken. Aber auch bei Therapien mit Alemtuzumab oder Cladribin sollte bedacht werden, dass nach Therapiebeginn B-Zellen deutlich supprimiert werden.

Für viele Immuntherapien ist der Nachweis einer Immunität gegen das Windpockenvirus (Varizella zoster – VZV) erforderlich. Diejenigen, die noch keine Immunität haben, sollten geimpft werden. Zusätzlich sollte VZV-seropositiven Patienten (also diejenigen, die in der Vergangenheit an Windpocken erkrankt waren, oder in der Kindheit gegen VZV geimpft wurden), die sich einer Immuntherapie unterziehen, auch eine Impfung gegen die Reaktivierung des Windpockenvirus und ihren Folgen (die schmerzhafte Gürtelrose) angeboten werden. Hier steht seit kurzem ein inaktivierter Impfstoff gegen die Gürtelrose (Herpes zoster) zur Verfügung, der in jedem Fall bei Personen mit chronischen Erkrankungen/Immunsuppression > 50 Jahren von der STIKO empfohlen wird. Da es kürzlich eine Empfehlung der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA gab, die Zulassung des Impfstoffes auf 18 Jahre mit erhöhtem Risiko für Herpes zoster zu erweitern, ist davon auszugehen, dass auch die STIKO Empfehlung für jüngere Patienten angepasst wird.

Patienten mit geplanter Fingolimod- oder Alemtuzumab-Behandlung sollte außerdem die Möglichkeit einer Impfung gegen HPV angeboten werden, da bei beiden MS-Therapien Berichte über Warzen und Zervixdysplasien existieren.

Am Ende dieser kleinen Fortbildungsreihe zur den Impfungen kann man demnach zusammenfassen, dass Impfungen zu den effektivsten und sichersten Präventivmaßnahmen in der Medizin gehören. Moderne Impfstoffe sind gut verträglich, Impfkomplikationen werden nur in seltenen Fällen beobachtet, bleibende Schäden sind eine Rarität. Impfungen haben eine sehr viel geringere Komplikationsrate als die Erkrankungen, gegen die sich die Impfung richtet. Impfungen lösen keine MS aus, eine Veränderung der Krankheitsaktivität ist ebenfalls unwahrscheinlich. Impfungen schützen vielmehr vor Infektionen oder schwächen sie ab und bieten damit einen Schutz vor MS-Krankheitsaktivität. Dementsprechend sollten alle MS-Patienten einen Impfschutz gemäß den Empfehlungen der STIKO erhalten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Krankheitsverlauf auch eine Behandlung mit immunsuppressiven Therapien notwendig werden könnte.

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