Das Jahr 2021 neigt sich dem Ende zu und ich komme nicht umhin, nach diesem 2. Pandemie-Jahr eine persönliche Bilanz zu ziehen, denn es war ein bewegendes Jahr.
Letztes Jahr um diese Zeit war ich sehr optimistisch. Die Daten zur Impfung gegen Covid-19 waren besser als jemals erwartet, die Erwartung einer schnellen Verfügbarkeit des Impfstoffes hat Mut gemacht. Trotz anfangs stockender Impfstofflieferungen und dem nicht enden wollenden Lockdown (für mich persönlich durch die Schulschließungen bedrückend) war ich der festen Überzeugung, dass es uns in einer gemeinsamen gesellschaftlichen Anstrengung gelingen sollte, so schnell und so umfassend wie möglich bis zum Sommer alle Erwachsenen zu impfen und damit die Pandemie (oder wenigstens ihre gefährlichsten Aspekte, nämlich schwere Verläufe und Tod) zu überwinden.
Vertrauensbildung und Aufklärung
Natürlich war mir auch bewusst, dass viel Vertrauensbildung und Aufklärung in Bezug auf die Impfung notwendig sein wird – und ich habe das für meine Fachrichtung, insbesondere für die MS ja auch intensiv getan –, aber angesichts der Unberechenbarkeit und Bedrohlichkeit von SARS-CoV2, kam mir nicht annähernd in den Sinn, dass sich fast 30 % der Erwachsenen der Impfung bis zum Herbst 2021 vollkommen verschließen, obwohl die Argumente eindeutig sind und das Szenario, was uns als Gesellschaft bei fehlender Impfbereitschaft erwartet, ziemlich deutlich von Experten kommuniziert wurde.
Daher war ich frustriert, als ich zum Ende des Sommers 2021 die Impfquoten gesehen habe – was sich aus der aktuellen Situation gut erklärt. Was mich aber noch mehr besorgt und enttäuscht als die Gleichgültigkeit vieler Mitbürger oder manche zögerliche politische Entscheidung, ist die Erkenntnis, dass ein beträchtlicher Anteil der deutschen Bevölkerung wissenschaftlichen Erkenntnissen und Argumenten nicht mehr zugänglich ist, obwohl Wissenschaft und empirische Forschung die Grundlage unserer modernen, aufgeschlossenen und freien Gesellschaft sind.
Wissenschaft als Grundlage für eine freie Gesellschaft
Ignoranz wissenschaftlicher Methoden und Flucht in „alternative Fakten“ gefährden in hohem Maße Freiheit und Demokratie. Solange sich manche daran abgearbeitet haben, ob die Erde nicht doch eine Scheibe ist oder die Mondlandung in Hollywood inszeniert wurde, konnte man das Problem noch ignorieren, im Falle der Pandemie oder auch des Klimawandels ist Wissenschaftsleugnung insbesondere in Verbindung mit sozialen Netzwerken toxisch und zersetzend.
Es sind immer wieder die gleichen Strategien: Das Auftreten von PseudoexpertInnnen, die keine fachliche Expertise besitzen – jedenfalls nicht die, die sie dazu befähigen, Stellungnahmen zu Themen abzugeben, für die sie fälschlicherweise als ExpertInnen gelten. Die „Rosinen-Pickerei“, also das selektive Auswählen von wissenschaftlichen Ergebnissen und das bewusste Unterschlagen einer Vielzahl wissenschaftlicher Erkenntnisse, die in der Regel den mehrheitlichen wissenschaftlichen Konsens wiedergeben. Durch logische Trugschlüsse werden Sachverhalte verfälscht oder unzulässig vereinfacht, zudem werden unerfüllbare Erwartungen an die Wissenschaft gestellt, wie z.B. die hundertprozentige Sicherheit eines Arzneistoffes oder einer Impfung. Die ganze Argumentation wird dann häufig noch in abstruse und antisemitische Verschwörungserzählungen eingebunden – ekelhaft! Mit diesen Methoden werden Zweifel und Misstrauen an Wissenschaft und Medizin genährt. Dabei haben genau diejenigen, die wider alle Vernunft handeln, großen Anteil daran, dass wir uns jetzt in dieser misslichen Lage befinden.
Wissenschaft erklären: auch im Neuen Jahr!
Letztlich ist dieses Problem nicht neu. Auch im Bereich meines Spezialgebietes, der Multiplen Sklerose, sehe ich mich immer wieder mit den Techniken der Wissenschaftsleugnung konfrontiert, die Patienten verunsichern und manchmal auch Grund für falsche individuelle Entscheidungen sind. Und gerade deswegen ist es wichtig, kontinuierlich dagegenzuhalten und Wissenschaft zu erklären. Daher werde ich auch weiterhin den MS-DocBlog bedienen und weiterhin wichtige Themen aus dem Gebiet der Medizin für Sie kommentieren. Ich würde mir wünschen, dass dies dazu beiträgt, Ihr Vertrauen in Wissenschaft und Medizin zu stärken – denn dieses Vertrauen ist essenziell für unsere Zukunft. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute für das neue Jahr 2022.
Sehr geehrte Herr Prof. Mäurer,
herzlichen Dank für Ihre Gedanken und Wünsche im ausgehenden Pandemiejahr 2021 – Sie sprechen mir so sehr aus dem Herzen.
Alle guten Wünsche auch für Sie,
Andrea Seefeld.
Sehr geehrter Herr Prof. Mäurer,
ich kann mich nur den Zeilen von Herrn Bloch anschließen. Vielen Dank für Ihren Einsatz für die MS und gegen das Corona-Virus. Machen Sie weiter so, auch ich werde nicht aufhören für Impfungen zu werben.
Allen die dies lesen wünsche ich Gesunheit, Kraft und eine gesegnete Weihnacht.
Eva Ziegler
Sehr geehrter Herr Professor Mäurer.
vielen Dank für Ihre mutigen und offenen Worte.
Sie sprechen mir aus der Seele. Leider gibt es in unserem Land so einige „Dummdödel,, die die Unsicheren zusätzlich verunsichern und durch ihre Ignoranz und Realitästverweigerung großes Leid verursachen. Angesichts der angeblichen „Argumente“, zweifele ich doch am Verstand dieser Leute und bin mittlerweile durchaus bereit auch ein gutes Stück Böswilligkeit bei dem Einen oder Anderen anzunehmen. Das sind echte Brandstifter.
Meine Familie ist komplett geboostert und dank Ihres Newsletters sind wir auch schon lange gegen Zoster geimpft. Wir sollten sehr dankbar über Impfungen sein, sonst gäbe es immer noch großes Leid durch zum Beispiel die Kinderlähmung.
Mit freundlichen Grüßen für ein gesegnetes Weihnachten!
K. Neumann
Sehr geehrte Herr Prof. Mäurer,
ich danke Ihnen für die vorstehenden Zeilen! Es tut so gut festzustellen, daß man als Lösungen suchende Individuum nicht allein ist. Ich wünsche Ihnen und allen Mitarbeitern und Familien eine gesegnete Weihnacht.
Hochachtungsvoll!
Torsten Bloch