Heutzutage wird die Multiple Sklerose in vielen Fällen primär mit oralen Medikamenten wie Dimethylfumarat oder Teriflunomid behandelt. Die Interferon-Präparate, die jahrelang Standard in der Basistherapie waren, genießen bei vielen Patienten aufgrund der Grippe-ähnlichen Nebenwirkungen und der Hautreaktionen an der Einstichstelle einen schlechten Ruf. Interferonpräparate haben allerdings auch viele Vorteile. Sie sind vor allem in der Frühphase der Erkrankung sehr gut wirksam und stellen zudem eine sehr sichere Therapieoption dar. Im Umgang mit Interferonen verfügen wir mittlerweile über eine mehr als 20jährige Erfahrung und können sicher sein, dass wir hinsichtlich der Sicherheit keine Überraschungen mehr erleben. Wir wissen, dass auch bei langfristiger Anwendung keine Organschäden zu erwarten sind und dass auch ein Kinderwunsch unter Interferon-Präparaten ohne größere Probleme zu realisieren ist.
Auch wenn die Sicherheitsdaten der Studien zu Aubagio® und Tecfidera® sehr gut waren, können wir unseren Patienten diese Sicherheit wie bei den Interferonen bei Einnahme der neuen Tablettenpräparate noch nicht geben – dafür sind sie noch zu kurz in der praktischen Anwendung. Sicherheit spielt aber für viele Patienten mit chronischen Erkrankungen eine große Rolle – insbesondere bei moderaten Erkrankungsverläufen, denn vor allem hier ist ein ausgewogenes Nutzen-Risiko-Verhältnis von besonderer Bedeutung. Daher sind die Interferone und Copaxone trotz oraler Konkurrenz nach wie vor von Bedeutung. Und deshalb möchte ich an dieser Stelle auf eine Neuentwicklung bei den Interferonen hinweisen, die viele Patienten, aber auch niedergelassene Ärzte, noch nicht ausreichend wahrgenommen haben:
Im Sommer 2014 wurde mit Plegridy® das erste pegylierte Interferon-Präparat zugelassen. Unter Pegylierung versteht man, dass das Interferon-Molekül (also der eigentliche Wirkstoff) in Polyethylenglykol (PEG) „eingepackt“ wird. Diese chemische Modifikation führt zu einer verzögerten Freisetzung und damit zu einer Verlängerung der Wirkdauer von Interferon-beta. Daher muss man bei Verwendung des PEG-Interferons die Spritze „nur“ noch alle zwei Wochen anwenden – dabei wird die Substanz wie Rebif®) oder Betaferon®) in die Haut (subcutan) gespritzt. Die Pegylierung von Medikamenten ist ein gut etabliertes Prinzip in der Medizin und hat schon bei der Interferontherapie der Hepatitis (entzündliche Gelbsucht) zu einem erheblichen Fortschritt geführt. PEG selbst (also das „Verpackungsmaterial“) ist ungefährlich und wird in vielen Produkten des täglichen Lebens verwendet, wie z.B. in Zahnpasta, Cremes und Lippenstiften. Die Studien zum pegylierten Interferon (Plegridy®) bei MS haben gute Ergebnisse erzielt, obwohl das Präparat nur alle zwei Wochen gespritzt wurde. Die Schubrate, die Behinderungsprogression und die MRT-Aktivität konnten signifikant gegenüber Placeobo reduziert werden – die Ergebnisse waren mit den Studienergebnissen der „alten“, nicht-pegylierten Interferon-Präparate vergleichbar. Das gilt auch für das Sicherheitsprofil von Plegridy®, das – wie zu erwarten – dem Nebenwirkungsprofil der nicht-pegylierten Interferon-Präparate entspricht.
Grippe-ähnliche Nebenwirkungen und Reaktionen an der Einstichstelle stehen im Vordergrund, neue Sicherheitsaspekte fanden sich nicht. Ein kleiner Wermutstropfen ist allerdings die Beobachtung, dass nicht nur die Wirkung des Interferons länger anhält, sondern auch die Nebenwirkungen. Manche Patienten berichten über länger andauernde Grippe-ähnliche Nebenwirkungen mit höherem Verbrauch nicht-steroidaler Antiphlogistika (z.b. Ibuprofen) und über eine größere Ausdehnung der Injektionsreaktionen, die auch länger sichtbar sind. Es mag daher Patienten geben, die aufgrund dieser Nebenwirkungen – auch wenn das Präparat nur noch alle zwei Wochen gegeben werden muss – lieber auf eine Anwendung verzichten. Für diejenigen aber, die diese Nebenwirkungen hinnehmbar finden und eine sichere Therapie suchen, die zudem noch durch eine einfache Anwendung gekennzeichnet ist, für diejenigen stellt Plegridy eine interessante Therapieoption dar. Und auch für das pegylierte Interferon gilt, dass die Nebenwirkungen bei vielen Patienten v.a. in der Anfangsphase auftreten und sich im Schnitt nach drei Monaten bessern. Da in der MS-Therapie nach wie vor das Konzept einer „eskalierenden“ Immuntherapie verfolgt wird, bei der initial – außer bei sehr aggressiven Verläufen – mit moderat wirksamen, aber sicheren Präparaten therapiert wird, halte ich die Verfügbarkeit eines pegylierten Interferons für eine interessante Entwicklung in der MS Therapie.
Muss zu oft genommen werden.
Wirkt zu wenig.
Zu viele Nebenwirkungen.
Man ist kranker als vorher und bei 70 % wirkt es nicht = bad
Hallo ich nehme das Betaferon seid meiner MS-Krankheit vor 6jahren habe keine grossen Nebenwirkung ausser jedesmal das mir kalt wird aber sonst alles okay.
Danke für den Artikel,
ich bin 2014 sofort auf das Peg.-Interferon umgestiegen sobald dieses in meiner Apotheke gelistet war. Ich als Betroffener musste meinen Neurologen wie auch die Apotheke über dieses neue Produkt aufklären was mich sehr verwunderte.. Ich möchte auch einfach nicht in Erwägung ziehen dass es etwas damit zu tun haben könnte, dass das Medikament nicht vom Behandlungszimmerwanduhrsponsorpharmaunternehmen hergestellt wird und deshalb die Empfehlung ausblieb..
Die grippalen Nebenwirkungen welche bei mir seit der ersten Injektion mit Rebif vor 4 Jahren immer noch bis dato vorhanden sind haben sich in der Intensität nicht verändert, jedoch durchaus wie im Artikel angesprochen, verlängert. Nunmehr habe ich 2x im Monat für jeweils drei Tage „Grippe“ (Schüttelfrost, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen usw.) und konsumiere dementsprechend weiterhin Schmerzmittel in diesem Zeitraum. (Unter Rebif nahezu jeden zweiten bzw. dritten Tag)
Mein Fazit: Trotz „Grippe“ ist das Nebenwirkungsprofil besser als bei den nicht pegylisierten Interferon-beta Präparaten. Wenn man sich jetzt noch mit der Chemie welche in den Fertigspritzen und durch den Pegylisierungsprozess enthalten ist anfreunden kann, ist es bei Interferon-Konsumenten eine echte Alternative.
Gruß
Sehr geehrter Herr Prof. Mäurer,
da diese Medikamente sie ja nicht kapital schädigen möchte ich Ihnen ernsthaft einmal empfehlen, sich selbst nur 1 Mal eine solche Spritze zu setzen. Nur 1 Mal. Um einfach zu erleben, von was für Nebenwirkungen Ihre Patienten überhaupt reden! Grippeähnlich köingt nämlich sehr freundlich gegenüber dem, was ich unter Avonex erlebte. Wenn diese Nebenwirkungen nun noch stärker sein sollen, ist mir schleierhaft, wer das noch aushalten kann und mag.
M.