MS-Wirkstoffe gibt es als Spritze, Infusion und Tablette/ Kapsel.

MS-Medikamente auf der Liste der „unverzichtbaren Arzneimittel“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlicht alle zwei bis drei Jahre eine Liste mit lebenswichtigen Arzneimitteln, die als wesentlich für die Versorgung der (Welt)Bevölkerung mit sicheren und wirksamen Arzneimitteln gelten. Diese „Essential Medicines List (EML)“ ist Teil der Bemühungen der WHO, den Zugang zu unverzichtbaren Arzneimitteln weltweit zu verbessern und die Gesundheitssysteme in verschiedenen Ländern zu stärken.

Die EML ist in zwei Kategorien (1. unverzichtbaren Arzneimittel für Erwachsene und 2. unverzichtbaren Arzneimittel für Kinder) aufgeteilt und enthält eine Auswahl von Arzneimitteln, die nach wissenschaftlichen Kriterien ausgewählt wurden und zur Behandlung der wichtigsten Gesundheitsprobleme wie u.a. Infektionskrankheiten, Krebs, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen benötigt werden. Diese Liste dient als Empfehlung für Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt. Sie soll dazu beitragen, den Zugang zu wichtigen Arzneimitteln zu erleichtern und die Qualität der Gesundheitsversorgung, insbesondere in ressourcenarmen Ländern zu verbessern. Trotz dieses Anspruchs fanden sich bisher in der Liste der unverzichtbaren Medikamente keine Arzneimittel zur Behandlung der Multiplen Sklerose, von der weltweit immerhin auch etwa 2,8 Millionen Menschen betroffen sind.

Drei MS-Wirkstoffe in der WHO-Liste

Im Juli 2023 wurde die nun die Aktualisierung der EML veröffentlicht, die nun erstmals auch drei Medikamente enthält, die die Krankheitsaktivität und Krankheitsprogression der MS verringern – womit eine Lücke in der Liste unverzichtbarer Arzneimittel geschlossen wird. Zugefügt wurden der Liste die MS-Medikamente Glatirameracetat, Cladribin und Rituximab. Diese Medikamente repräsentieren Behandlungsoptionen mit unterschiedlichen Verabreichungswegen, unterschiedlichen Preisen (bei Verfügbarkeit von Generika und Biosimilars) und unterschiedliche empfohlene Anwendungen. Legt man z.B. die aktuellen deutschen Leitlinien zur Behandlung der MS zugrunde, so enthält die Liste Vertreter der drei unterschiedlichen Wirksamkeitskategorien (Kategorie 1: Glatitrameracetat, Kategorie 2: Cladribin, Kategorie 3: Rituximab). So soll ein verbesserter und bedarfsgerechter Zugang zur Behandlung für Menschen mit MS auf der ganzen Welt geschaffen werden.

Interessant ist, dass Rituximab keine Zulassung für die Behandlung der MS besitzt, aber trotzdem gelistet wurde. Die WHO argumentiert, dass starke Beweise für die Wirksamkeit und Sicherheit von Rituximab in der Indikation MS existieren und angesichts der Evidenzbasis und der Erschwinglichkeit von Rituximab, auch aufgrund der Verfügbarkeit von Biosimilars, Rituximab gegenüber zugelassenen Alternativen priorisiert wurde.

Insgesamt ist die Listung von MS Medikamenten eine sehr erfreuliche Nachricht und es steht zu hoffen, dass dadurch die Behandlung der MS weltweit verbessert und Betroffene in allen Regionen der Erde einen Zugang zu wirksamen Therapieoptionen erhalten. Wer Interesse hat, kann die Pressemeldung der WHO auch gerne im Original nachlesen: https://www.who.int/news/item/26-07-2023-who-endorses-landmark-public-health-decisions-on-essential-medicines-for-multiple-sclerosis#:~:text=Medicines%20for%20multiple%20sclerosis%20(MS)&text=Until%20now%2C%20no%20medicines%20for,large%20global%20burden%20of%20MS.

MS-Betroffene im globalen Süden

Auf der anderen Seite sollten wir uns bei dieser Gelegenheit auch daran erinnern, dass nach wie vor eine große Ungerechtigkeit beim Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten vor allem in Ländern des globalen Südens besteht. Dies ist eine zutiefst besorgniserregende Realität, die das Leben von Millionen von Menschen gefährdet und die soziale Kluft zwischen wohlhabenden Ländern und ärmeren Regionen der Welt vertieft.

Ich hatte in meinem Berufsleben die Chance andere Gesundheitssystem kennenzulernen und die Realität der MS Versorgung in unterschiedlichen Ländern und damit auch die Sorgen und Nöte sowohl von Ärzten als auch von Patienten zu sehen – es ist manchmal schwer zu ertragen, warum z.B. junge Patienten in ressourcenarmen Ländern, die wahrscheinlich genau die gleichen Wünsche und Träume für ihr Leben haben wie junge MS Betroffene in West-Europa, viel seltener eine bedarfsgerechte Behandlung zu erhalten und trotzdem häufig die Gefahr besteht, dass sie sich und ihre Familien im Bemühen irgendeine Therapie zu erhalten finanziell ruinieren. Vor diesem Hintergrund relativiert sich das Nörgeln über das deutsche Gesundheitssystem, in dem Patienten ja einen mehr oder weniger kompletten und zeitnahen Zugang zu allen pharmakologischen Innovationen haben, die verfügbar sind.

Aus meiner Sicht ist es an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft und die Zivilgesellschaften der Industrienationen sich intensiver dafür einsetzen, Ungerechtigkeiten beim Zugang zu Medikamenten zu bekämpfen. Dies Listung von essenziellen Medikamenten ist sicherlich ein Anfang, letztlich geht es aber v.a. um die Stärkung von Gesundheitssystemen im globalen Süden und die Schaffung fairer Handelsbedingungen.

Ein Kommentar

  1. Sieht man die Milliardengewinne der Pharmafirmen, die mit den verschiedenen Medikamenten gemacht werden, wäre problemlos auch eine Versorgung der finanziell weniger starken Südhemisphäre möglich – allein: es fehlt am Willen, denn ein großes Geschäft ist für die Pharmabranche dort (vorerst) nicht zu erwarten. Money talk…

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