Update Impfen – Impfschutz auch unter Immuntherapie vorhanden

Obwohl die Informationsmöglichkeiten derzeit exzellent sind, stelle ich fest, dass unter MS-Patienten, egal ob mit Immuntherapie oder ohne, immer noch eine große Unsicherheit bezüglich der Impfung gegen SARS-CoV2 besteht. Daher nochmal an dieser Stelle die klare Ansage: Die Impfung gegen SARS-CoV2 ist für Patienten mit Multipler Sklerose ohne Einschränkung empfohlen.

Impfschutz wird auch unter Immuntherapie erreicht

Immuntherapeutika können die Impfantwort zwar beeinträchtigen. Da die Impfung mit (Tot)Impfstoffen unter Immuntherapie jedoch nicht gefährlich ist, sollte in jedem Fall geimpft werden. Bei den meisten MS-Patienten wird trotz Immuntherapie ein ausreichender Impfschutz erzielt. Und auch bei denen, die ggf. keine suffiziente Antikörper-Antwort nach der Impfung entwickeln ist davon auszugehen, dass der Kontakt mit dem Impfstoff und die daraus resultierende T-Zell Antwort einen so hohen Individualschutz bietet, dass schwere Erkrankungen mit COVID19 verhindert werden.

Dementsprechend sind Headlines wie die des ARD Magazins BRISANT vom 15.05.2021 nicht unbedingt der Sache dienlich. Insbesondere da der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine große Reichweite hat und durchaus viel Vertrauensvorschuss in der Bevölkerung genießt. Hier wird getitelt „KEINE ANTIKÖRPER: CORONA-IMPFUNG BEI VIELEN IMMUNKRANKEN WIRKUNGSLOS“ (mit Immunkranken sind hier Rheumapatienten gemeint – aber der Begriff spricht i.d.R. alle Patienten mit Autoimmunerkrankungen, also auch MS-Patienten, an). Was steckt dahinter: Eine absolut seriöse Arbeit aus dem Zentrum für Immuntherapie der Universität Erlangen (https://ard.bmj.com/content/annrheumdis/early/2021/05/05/annrheumdis-2021-220461.full.pdf) Die Autoren haben die Impfantwort (Antikörperbildung) auf eine vollständige Impfung mit dem Biontech Impfstoff bei 84 Patienten mit Immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen (immune-mediated inflammatory diseases – IMIDs) untersucht und mit der Impfantwort von 182 Kontrollpersonen verglichen. Während bei 99,5 % der Kontrollpersonen eine Antikörperantwort nachweisbar war, waren SARS-CoV2 Antikörper bei den IMID Patienten (unter denen sich im Übrigen kein MS-Patient, sondern vorwiegend Patienten mit rheumatoider Arthritis befunden haben) nur in 90,5 % der Fälle nachweisbar. Da über die Hälfte der Patienten nicht mit Immuntherapien behandelt waren, schlussfolgern die Autoren, dass Autoimmunerkrankungen selbst ein Risiko für eine verminderte Impfantwort sein könnten und empfehlen daher in dieser Patientengruppe eine 3. Impfung.

Ich denke, mit dieser Erklärung klingt alles recht plausibel und weit weniger dramatisch – und eigentlich verlange ich eine solche Informationsstrategie auch von einem öffentlich-rechtlichen Sender. Eine Impfantwort von 90% kann man eigentlich sogar als Redakteur eines Boulevardmagazins nicht als „wirkungslos“ titulieren – das ist wirklich unwürdig und ein schlechtes  Niveau. Mehr kann man dazu eigentlich nicht sagen.

Impfung und Schwangerschaft

Ein weiterer Punkt, der aktuell in der öffentlichen Diskussion steht, und auch junge MS-Patientinnen betrifft, ist die Impfung von Schwangeren. Aktuelle Daten weisen darauf hin, dass Schwangerschaft ein Risikofaktor für schwere COVID 19 Verläufe darstellt und dass Schwangerschaftskomplikationen mit einer COVID19 Infektion einhergehen können. Auf der Grundlage dieser Daten werden derzeit in Deutschland Kontaktpersonen von Schwangeren bevorzugt geimpft. Leider gibt es aber noch keine allgemeine Empfehlung der STIKO, Schwangere zu impfen, was mit einer zu geringen Datenlage begründet wird. Trotzdem würde man sich hier bald ein pragmatischeres Vorgehen wünschen, denn für viele andere (Tot)Impfstoffe wie gegen Keuchhusten und Influenza ist eine Impfung während der Schwangerschaft explizit empfohlen, auch, weil durch den transplazentaren Übergang der maternalen Antikörper zum Feten ein „Nestschutz“ vermittelt wird und die Antikörper auch in die Muttermilch übergehen.

Zum jetzigen Zeitpunkt können Schwangere, die zusätzliche Risikofaktoren für schwere COVID 19 Verläufe aufweisen, z.B. bei aktiver MS-Erkrankung, wenn die Gabe von hochdosierten Steroiden notwendig werden kann, oder einer Vortherapie mit Zell-depletierenden Antikörpern trotz fehlender offizieller Empfehlungen (nach Rücksprache mit ihrem Neurologen) eine Impfung gegen SARS-CoV2 in Erwägung ziehen.

In jedem Fall resultiert aus der derzeitigen Sachlage die Empfehlung, dass sich alle Frauen mit Kinderwunsch bereits im Vorfeld einer Schwangerschaft impfen lassen sollten. (Covid-19-Impfung macht niucht unfruchtbar.) Es ist zu hoffen, dass es zu diesem Themenkomplex bald verlässliche Empfehlungen gibt, denn immerhin sollen in den USA schon mehr als 100.000 Schwangere gegen COVID19 geimpft worden sein.

 

8 Kommentare

  1. Ich bekomme seit 2016 halbjährlich Ocrelizumab, die letzte im Februar. Habe die 1. Biontech Impfung nach 12 Wochen und die 2. vier Wochen später. Es wurden jetzt die Antikörper bestimmt und leider haben sich tatsächlich gar keine gebildet. Meine nächste Infusion steht jetzt im August an. Sollte man dann sich nochmals nach 12 Wochen impfen lassen oder macht eine Impfung gar keinen Sinn mehr?

  2. Unter Ocrelizumab sieht es tatsächlich schlecht aus – ich habe auch viele Wochen nach der 2. Impfung mit BioNTech keine nachweisbaren Antikörper, und kenne einen zweiten Fall mit gleichem Resultat. Auf optimales Timing wurde geachtet: 4 Monate und 5 Monate nach der Infusion geimpft, danach noch 4 Wochen Abstand bis zur nächsten Infusion…
    Auf T-Zell-Immunität allein sollte man sich nicht verlassen. 3. Impfung ist geplant.
    Und bitte verbreitet nicht pauschal, die Impfung sei auch unter Immunsuppression wirksam – das hängt sehr vom Medikament ab, und bei CD20-gerichteten Therapien ist die Wirksamkeit oft eingeschränkt und offenbar auch nicht selten gleich Null… Daher unbedingt AK-Test nach der Impfung, damit sich niemand in falscher Sicherheit wiegt.
    Alles Gute!

  3. Das ist keine valide Studie bei der Stichprobengrösse! Das sind höchstens Hinweise auf eine schlechtere Impfantwort, die nicht überraschend ist. Aber die Zahlen sind eher Glaskugel als Wissenschaft.

  4. Patient soll 3.gabe im August bekommen, dann wieder 6 Monate später, sollte man die Covud 19 Impfung dazwischen legen oder erst nsch der 3. Gabe? Und wie viele Wochen müsste man nsch der Covid 19 Impfung warten um die 3 Gabe zu erhalten? Vielen dank für die Antwort.

  5. Sind nun beide das erste Mal geimpft. Nächste Woche das 2. Mal und besprechen dann mit der Neuro ob man Blut wegen Impfantwort untersucht. Der eine nimmt keine Medikamente die andere Fingolomid.

    1. Hallo, ist bei Fingolomid eine Impfantwort erreicht worden und wie hoch? Wäre toll zu wissen. Hoffe für Euch es hat was gebracht. Viele Grüße

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