Tattoos und MS – Einwände?!

Einer meiner Patienten hat mir neulich die Frage gestellt, ob ich Einwände gegen ein weiteres Tattoo hätte. Die Planung geht wohl in Richtung eines etwas großflächigeren Gemäldes und er hatte wohl zuvor schon heftige Diskussion mit seinen Ärzten geführt – im Prinzip hatte man ihm abgeraten, was er nicht akzeptieren wollte. Daher sollte ich nun eine abschließende Antwort zu dieser Frage geben.Man kann es nicht bestreiten – man läuft natürlich bei diesem Thema Gefahr, sich eher emotional als auf der Basis von Fakten zu äußern. Von daher war ich sogar ganz stolz, dass meine Meinung überhaupt gefragt war, denn auf den ersten Blick wirke ich sicherlich nicht gerade wie ein Fan von Körperschmuck – ich bin ja doch eher ein wenig konservativer.

Auf der anderen Seite zeigen Statistiken, dass mittlerweile 10% – 20% der deutschen Bevölkerung tätowiert sind – vielen gefällt es also. Es wäre somit in der Tat nicht fair, bei einer Empfehlung nur seine eigenen Geschmacksmaßstäbe heranzuziehen. Daher hier der Versuch einer objektiven Betrachtung:

Aller Wahrscheinlich nach sollten Tattoos keinen negativen Effekt auf die Multiple Sklerose haben. Dennoch kann vor allem mangelnde Hygiene beim Tätowieren erhebliche gesundheitliche Risiken mit sich bringen – das gilt aber für jeden, der sich tätowieren lässt, also nicht nur speziell für MS-Patienten. Im schlimmsten Fall können bei mangelnder Hygiene schwere Infektionserkrankungen wie Hepatitis (Leberentzündung/Gelbsucht) oder HIV übertragen werden. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass beim Tätowieren Keime, die normalerweise auf der Haut siedeln, ins Gewebe verschleppt werden und hier Entzündungen hervorrufen können – wenn man Pech hat bis hin zu einem Abszess oder einem Erysipel. Solche schwerwiegenden Hautinfektionen beinhalten dann auch immer das Risiko einer Verschlechterung, dem MS (Pseudoschub). Bei guter Hygiene kann man diese Gefahren deutlich minimieren, obwohl man sie nie ganz ausschließen kann. Man sollte daher (v.a. als MS-Patient) bei der Auswahl des Studios darauf achten, dass hier alles sauber und steril ist und der Betreiber eine Hygieneschulung vorweisen kann.

Es gibt bestimmte Bedingungen, die auch MS-Patienten betreffen können, bei denen ich auch vor dem Hintergrund der potentiellen Infektionsgefahr auf eine Tätowierung verzichten würde. Das betrifft die Schwangerschaft, die Einnahme von blutverdünnenden Mitteln und Patienten mit Diabetes mellitus, die aufgrund des Diabetes schon ein höheres Risiko für Hautinfektionen haben. Wenn schon eine Hauterkrankung besteht (z.B. Neurodermitis, Psoriasis) sollte man sich in jedem Fall beim Hautarzt beraten lassen.

Ein wenig Sorge bereitet einem natürlich, wenn man sich mit den Inhaltsstoffen von Tätowierfarben beschäftigt – auch wenn das ebenfalls nicht spezifisch MS-Patienten betrifft. Einige Farben enthalten allergieauslösende Stoffe, Azofarbstoffe oder aromatische Kohlenwasserstoffe, die im Verdacht stehen, krebsauslösend zu sein. Man kann nur hoffen, dass sich hier in den letzten Jahren tatsächlich etwas geändert hat. In jedem Fall sollte man sich genau informieren und darauf achten, dass nur geprüfte, „unbedenkliche“ Farben verwendet werden. Also auch hier empfiehlt sich die sorgfältige Auswahl des Tattoo-Studios – im Zweifelsfall sollte hier auch im Sinne der Sicherheit das Geld keine zu ausschlaggebende Rolle spielen.

Als MS-Patient sollte man auch nicht vergessen, dass man häufiger als die Normalbevölkerung ins MRT muss. Daher ist es wichtig, dass Farben vermieden werden, die Metallpigment enthalten. Diese können sich im Magnetfeld des Scanners erhitzen – und in der Tat existieren in der Literatur Berichte über großflächige Verbrennungen bei tätowierten Patienten nach einer MRT Untersuchung. Auch diese Gefahr sollte bei der Auswahl der Farben in Betracht gezogen werden.

Natürlich muss man auch darauf hinweisen, dass ein Tattoo das Legen von Zugängen (für Infusionen) erschweren kann und dass auch das Hautkrebsscreening durch Tattoos erschwert ist – auch das gilt natürlich wieder für jedermann.

Schließlich ist die Frage der Medikation von Bedeutung. Aufgrund der potentiellen Infektionsgefahr wird Patienten mit immunsuppressiver Medikation grundsätzlich von Tätowierungen abgeraten. Nun, klassische Immunsuppressiva wie Endoxan, Mitoxantron, Azathioprin oder Methotrexat werden heutzutage bei der MS nur noch selten gegeben – auf diese Medikamente würde die Empfehlung zutreffen.

Auf die Vielzahl der MS-Patienten, die spezifische MS Medikamente einnehmen, die ja auch das Immunsystem beeinflussen, muss diese Empfehlung nicht unbedingt ausgeweitet werden. Bei MS Wirkstoffen wie Interferonen und Glatirameracetat, aber auch Dimethylfumarat und Natalizumab sind aufgrund ihres Wirkansatzes wahrscheinlich keine Probleme zu erwarten. Bei Wirkstoffen wie Fingolimod und Aubagio, aber auch Alemtuzumab und Rituximab würde ich das angesichts des Wirkmechanismus nicht 100% unterschreiben. Letztlich bleibt es hier bei einer persönlichen „Nutzen-Risiko“ Abwägung.

Somit kann man folgendes Fazit ziehen: Das Vorhandensein einer MS ist sicherlich kein Hinderungsgrund für eine Tätowierung. Man sollte aber insbesondere als MS Patient bezüglich Hygiene und Auswahl der verwendeten Farben besonders kritisch und vorsichtig sein.

4 Kommentare

  1. Also laut Charite kann es auch ohne ferromagnetische Stoffe zu Brandverletzungen im MRT kommen (http://www.ajronline.org/doi/pdf/10.2214/AJR.06.5082). „Because the ferric acid pigments are not necessarily the sole cause of noxious side effects as generally supposed, we suggest that the patient must be explicitly informed about the danger of such burns, even if the analysis certifies that the tattoo components are free of ferrous content.“

  2. DAs zählt in erster Linie nur für Tättowierungen die schon älter sind(vor 1980 ca.), die Farben die heutzutage beim guten Tättowierer gebraucht werden haben die „metallischen“ Zusatzstoffe nicht mehr drin, war mein Problem, als ich das erste mal wegen der MS ins MRT sollte(2013) und die Assistentin mich drauf ansprach….. bin nämlich bunt überall….. bin dann erstmal zu meinem Tättowierer und hab mit ihm das mal besprochen.
    Also haut eure Tättowierer drauf an und lasst euch die Farben zeigen…..

  3. Hallo erstmal, cih finde es einfach sensationell das die Patienten mit allen nur erdenklichen Fragen zu Ihnen kommen können und immer eine ausreichende Information bekommen.
    Ich für meinen Fall warte bei meiner Tattookünstlerin mittlerweile bis zu einem Jahr auf einen Termin, aktuell ist der komplette rechte Arm dran. Die Antworten vom Prof. Mäurer beruhigen mich jetzt wirklich, denn ích will kein Risiko eingehen, wenn ich meiner Leidenschaft nach Farbe in der Haut verfolge.
    In dem Tattoostudio in dem meine Frau und ich uns verschönern lassen wissen wir welche Farben verwendet werden und wie genau es mit der Sauberkeit genommen wird so gesehen alles Tip Top.
    Bis zum nächsten Date in BMH 🙂

    greetz Euer Big P.

  4. Also hab 3 Stück fuss Hand und Nacken … bei mir ist alles gut gegangen aber der Tattoo laden is auch einsame klasse … sowas is verdammt wichtig einen guten Shop zu finden und lieber mal 2 Monate warten also zu einem 0815 tattoowierer zu gehen …

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