Mollii-Suit – Urteil des Sozialgerichts München vom November 2024

Ich möchte an dieser Stelle nicht rechthaberisch rüberkommen. Aber nachdem meine Ausführungen zum Mollii-Suit für Erregung gesorgt haben, möchte ich noch einmal kurz auf die jüngsten Gerichtsurteile zu diesem Thema eingehen.

Ausgangspunkt für die Klage einer MS-Patientin war die Ablehung der Versorgung mit dem Neuromodulationsanzug „Exopulse Mollii Suit“ durch die Krankenkasse. Diese hatte die Kostenübernahme mit der Begründung abgelehnt, dass zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnete Hilfsmittel den Nachweis des therapeutischen Nutzens erfordern. Das sei derzeit für den Mollii Suit nicht der Fall. Die Klägerin wiedersprach dieser Ablehnung, da es nach ihrer Ansicht zu einem nachweisbar verbesserten Ausgleich der Behinderung gekommen sei.

Hilfsmittel mit therapeutischem Zweck

Das Sozialgericht München hat am 28.11.2024 die Klage abgelehnt. Das Gericht stellt in seiner Entscheidung fest, dass die konkrete Anwendung bzw. Tragedauer sowie die Wirkweise des Mollii Suit dafür spricht, dass es sich um ein Hilfsmittel handelt, das therapeutischen Zwecken dient: Nach Angaben des Herstellers soll der Anzug „jeden zweiten Tag“ verwendet werden, „am besten in Verbindung mit Physiotherapie, Training oder vergleichbaren Aktivitäten“. Dementsprechend dient der Anzug lt. Intention des Herstellers nicht einem Behinderungsausgleich (analog eines Rollators oder Rollstuhls), sondern es sollen therapeutische Zwecke verfolgt werden. Der Anzug dient nach Angaben des Herstellers „zur Entspannung spastischer und angespannter Muskeln, zur Aktivierung schwacher Muskeln und zur Linderung damit verbundener Schmerzen“. Die kombinierte Wirkung aus der Entspannung angespannter Muskeln und der Aktivierung schwacher Muskeln ermögliche den Anwendern „ein aktiveres tägliches Leben mit weniger Schmerzen“. Der Anzug zielt nach Angaben des Herstellers darauf ab, „die typischen Symptome in Verbindung mit neurologischen Erkrankungen (…) zu lindern.“

Bewertung des GBA für Hilfsmittel erforderlich

Somit dient der Mollii Suit (entgegen der Ansicht der Klägerin) nicht dem Behinderungsausgleich, sondern therapeutischen Zwecken. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gilt für Hilfsmittel, die untrennbar mit einer neuen Behandlungsmethode verbunden sind, der Methodenbewertungsvorbehalt durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA). Eine positive Bewertung des Mollii Suit durch den GBA liegt bisher nicht vor, und damit ist nach Ansicht des Gerichtes auch die Abgabe solcher Hilfsmittel in der ambulanten Versorgung gesperrt.

Die Bewertung einer Behandlungsmethode durch den GBA ist dann geboten, wenn sie im Vergleich zu etablierten Therapien hinsichtlich des medizinischen Nutzens, möglicher Risiken und in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit wesentliche, bisher nicht geprüfte Änderungen aufweist (BSG, Urteil vom 14.06.2023 – B 3 KR 8/21 R -, Rn. 14, juris).

Also kurz gesagt: nachdem der Hersteller eine therapeutische Wirkung seines Neuromodulationsanzugs verkündet, fordert das Gericht, dass diesbezüglich Daten vorgelegt werden, die diese Behauptungen stützen. Nur dann kann eine positive Bewertung durch den GBA erfolgen und eine Erstattung zu Lasten der Krankenkassen (und damit der Solidargemeinschaft) stattfinden. Das Sozialgericht folgt damit konsequnet den Stellungnahmen von Experten, die den Einsatz des Exopulse Mollii Suit bei MS-Betroffenen nicht empfehlen, da die Datenlage unzureichend ist. Daher ist der Hersteller erneut aufgefordert, kontrollierte Studien bei einer ausreichenden Zahl von MS-Betroffenen vorzulegen, die die Behauptungen des Herstellers zu seinem Produkt wissenschaftlich belegen. So lange dies nicht der Fall ist, sollten MS-Betroffene damit rechnen, dass sie die Kosten für den Mollii Suit nicht erstattet bekommen.

(Urteil des SG München: https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/node/177142)

6 Kommentare

  1. Hach ja…. Ein Gott in Weiß hat gesprochen und hält sich für ganz besonders toll! Er darf gerne mit UNS sprechen, aber da müsste er ja seine Meinung ändern und sich auf unsere Seite stellen…. Das geht natürlich nicht! Mein neues Leben besteht Dank Anzug seit über 2 Jahren aus Schmerzfreiheit, Schlaf und Lebensqualität! Schon seltsam, dass ich in meinem Fall von ärztlicher Seite nur noch hilfloses Schulterzucken erleben musste, niemand konnte mir helfen….Arrogantes Verhalten gehört wohl zu diesem Beruf. Hat nicht Recht wer hilft?

  2. Danke Kathleen für Deine Worte, die so wahr sind.
    Neurologen, die MS Patienten behandeln und sie auf dem steinigen Weg dieser fiesen Krankheit begleiten, sollten es besser wissen. Wer, wenn nicht der Patient, sollte die Wirkung des Mollii Suit beurteilen können und die Wirkung ist phänomenal.

    Leider kann ich mir einen Kauf nicht leisten, ich werde meinen Körper weiterhin mit Medikamenten belasten müssen.

    Dabei könnte es so kostengünstig sein für die „KRANKEN“kassen oder ist es nicht gewollt? Denn es hängt eine ganze Industrie-Sparte an der Medikamenten Herstellung.

    was für eine KRANKE Welt

  3. Ist mir immer wieder ein Rätsel, wie ein Arzt sich so überhaupt nicht für die Patienten freuen kann, denen der Mollii Suit etwas an Lebensqualität zurückgibt. Gott sei Dank habe ich selbst eine total empathische Neurologin.

  4. Dr. Mäurer will ja nicht rechthaberisch rüberkommen … „aber das SH München gibt mir sowas von recht!!“

    Wie selbstgerecht kann man eigentlich sein?

    Und dann dieser Unfug: „ (…) den Stellungnahmen von Experten, die den Einsatz des Exopulse Mollii Suit bei MS-Betroffenen nicht empfehlen, da die Datenlage unzureichend ist.“

    Die Datenlage ist tatsächlich noch unzureichend … das alleine wird bemängelt. Aber es wird doch nicht grundsätzlich vom Mollii Suit abgeraten.

    Der Doc buddelt sich in die … und er buddelt und buddelt weiter.
    Traurig, dass er das am Rücken der MS-Betroffenen macht.

  5. Der Gedankenfehler bei Dr. Mäurer liegt weiterhin darin, dass er Kriterien für die Wirkung eines Hilfsmittels mit denen eines Medikamentes verwechselt.

    Ein Medikament ist dann erwiesenermaßen hilfreich, wenn es mit ausreichender Sicherheit die gewünschte Wirkung erbringt. Da der menschliche Körper komplex ist, sind randomisierte, kontrollierte Studien erforderlich.

    Ein Hilfsmittel ist dann erwiesenermaßen hilfreich, wenn es dem individuellen Patienten hilft und das auch für andere dokumentiert werden kann. Dazu muss die Methode nicht für andere reproduzierbar sein. Nichtresponder könnten ohnehin keine Belege für eine Wirkung liefern.

    Da Dr. Mäurer mittlerweile mehrere Stellungnahmen hierzu geliefert, und sich nun schon die Bemerkung anmasst: „Ich möchte an dieser Stelle nicht rechthaberisch rüberkommen…“ wird er leider weiterhin sein Unwissen zum Besten geben.

  6. Es bleibt skurril! „Experten, die den Einsatz des Exopulse Mollii Suit bei MS–Betroffenen nicht empfehlen, da die Datenlage unzureichend ist.“ Man kann den Experten (???) und auch Herrn Prof. Dr. med. Mäurer weiterhin nur empfehlen vielleicht doch mal das Gespräch mit MS-Betroffenen, die den Mollii Suit nutzen, zu suchen. Ich war in der glücklichen Lage, mir den Mollii Suit vor zwei Jahren leisten zu können und bereue nicht einen einzigen Euro, da sich meine Lebensqualität durch den Anzug sehr verbessert hat. Und das ganz ohne Nebenwirkungen! Wieviele, meistens sehr teure Medikamente, müssen wir MS-Betroffene ausprobieren, bei denen vielleicht die „Datenlage“ stimmt, aber helfen tun sie nicht. Und die Kassen übernehmen die Kosten ohne Probleme!

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