Lemtrada – wie geht es weiter?

Während des letzten Jahres wurde das MS-Medikament Lemtrada durch die europäische Arzneimittelagentur (EMA) einer Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses unterzogen. Grundlage dieses sogenannten §20-Verfahrens waren Berichte über schwerwiegende Nebenwirkungen mit im Einzelfall tödlichem Ausgang. Neben den schon bekannten autoimmunen Nebenwirkungen der Substanz wurden Fälle von Myokardinfarkten, Hirnblutungen, Dissektionen von Hirnarterien und pulmonale alveoläre Blutungen berichtet.

Ende letzten Jahres hatte die EMA das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt – im Januar wurden der Ärzteschaft (mit einem sog. „Rote-Hand-Brief“) die sich daraus ergebenden Änderungen mitgeteilt. Was die Indikation von Alemtuzumab betrifft, so hat die neue Risikobewertung kaum etwas verändert. Es kann bei Patienten mit hochaktiver Erkrankung eingesetzt werden, die auf ein vorangegangenes Medikament nicht ausreichend angesprochen haben. Außerdem können Patienten auch unmittelbar mit Alemtuzumab behandelt werden, wenn eine rasch fortschreitende schwere schubförmige MS vorliegt – diese ist definiert durch 2 Schübe in einem Jahr und eine entsprechende Läsionsbelastung im MRT.

Neu ist allerdings die Empfehlung, dass die Anwendung des Medikamentes ausschließlich in einem Krankenhaus mit der Möglichkeit einer intensiv-medizinischen Betreuung erfolgen sollte. Das macht eine Gabe von Alemtuzumab im ambulanten Rahmen, z.B. in einer niedergelassenen Praxis schwierig.

Weiterhin hat die EMA einen unkontrollierten Bluthochdruck, eine Dissektion von Hirnarterien, Schlaganfälle, koronare Herzkrankheit und Gerinnungsstörungen oder die Therapie mit blutungsfördernden Medikamenten in der Krankheitsgeschichte als zusätzliche Gegenanzeige für eine Gabe des Wirkstoffs aufgenommen – was vor dem Hintergrund der o.g. Ereignisse plausibel ist. Darüber hinaus werden aber auch bereits bestehende Autoimmunerkrankungen als Gegenanzeige genannt.

Während Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems bei jungen MS-Patienten keine Rolle spielen, sind andere Autoimmunerkrankungen bei MS-Patienten keine Seltenheit. So leiden MS-Patienten z.B. häufig unter einer autoimmunen Schilddrüsenunterfunktion, der sog. Hashimoto Tyreoiditis. Die Hashimoto-Erkrankung ist zwar in der Regel einfach und gut behandelbar, aber sie ist eine Autoimmunerkrankung und könnte so zur Verunsicherung führen, wenn z.B. eine Therapie mit Alemtuzumab angedacht ist.

Die Überprüfung und die neue Risikobewertung von Lemtrada und das damit verbundene Misstrauen, wird wahrscheinlich dazu führen, dass der Einsatz der Therapie in Deutschland zurückgehen wird und wahrscheinlich in der Zukunft auch nur noch von spezialisierten Zentren angeboten werden kann. Vor dem Hintergrund, dass Alemtuzumab das viel versprechende Konzept der gepulsten Immunrekonstitution repräsentiert und nach meiner Erfahrung viele, vor allem junge Patienten mit aktiver MS sehr gut auf dieses Konzept angesprochen haben, ist diese Entwicklung zu bedauern.

Lemtrada ist aus meiner Sicht kein „Drittlinienmedikament“ oder eine „letzte Option“, sondern ein Konzept, das seine Stärken vor allem in der Frühphase der Erkrankung hat. Von daher wäre es wichtig, dass aufgrund der aktuellen Entwicklung, diese Therapieoption auch weiterhin ausgewählten Patienten flächendeckend zu Verfügung steht.

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