Fatigue und MS

MS-Erkrankte leiden sehr häufig unter einer zum Teil sehr stark behindernden körperlichen und geistigen Erschöpfbarkeit, die im klinischen Alltag mit dem Begriff „Fatigue“ bezeichnet wird. Trotz ihrer Bedeutung für viele MS-Patienten ist die „Fatigue“ nicht gut definiert, was damit zusammenhängen mag, dass ihre Abgrenzung gegenüber „Einschränkungen der Kognition“ und der „Depression“ – ebenfalls zwei sehr häufige Symptome bei MS – im Einzelfall schwierig sein kann. Messen kann man das Ausmaß der Fatigue mit Skalensystemen, z.B. der modifizierten Fatigue-Impact-Scale (MFIS). Diese Skalen bestehen aus Fragen, für deren Beantwortung ein bestimmter Punktwert vergeben wird, aus dem sich dann ein Fatigue-Score errechnet. Nachdem der Entwicklung der Fatigue auch für die Abschätzung der Wirkung einer Immuntherapie immer mehr Bedeutung beigemessen wird, wäre es wünschenswert, wenn diese Skalen flächendeckend Eingang in das Therapiemonitoring finden würden (in Analogie zur Erhebung der Gehstrecke oder der Fingergeschicklichkeit).

Was kann man nun aber tun, wenn die Erkrankung bereits zu einer behindernden abnormen Erschöpfbarkeit geführt hat? So komisch es klingen mag – ein integraler Bestandteil jeder Therapie gegen Fatigue ist körperliches Training. Verschiedene Formen von Training, insbesondere aerobe Ausdauersportarten, führen zu einer erheblichen Verbesserung des körperlichen Befindens. Unsere Arbeitsgruppe konnte kürzlich auch nachweisen, dass vor allem bei schlecht trainierten MS-Patienten ein deutlicher Effekt von körperlichem Training auf die Messwerte der Fatigue-Skalen nachzuweisen war. Also – körperliche Fitness ist eine Grundbedingung für die Bekämpfung der Fatigue. Das kann zum Teil damit zusammenhängen, dass körperliche Fitness die Wärmetoleranz steigert und Wärme ein Faktor ist, der sich negativ auf die Fatigue auswirkt. Umgekehrt kann daher Körperkühlung – als einfache mechanische Maßnahme – zu einer Verminderung der Fatigue führen. Es gibt Untersuchungen, die zeigen konnten, dass nach Kühlung über 30 – 45 min eine Verminderung der Fatigue über einige Stunden beobachtet werden kann.

Wenn trotz guten Trainingszustandes die Fatigue auch weiterhin ein Problem darstellt, können medikamentöse Strategien zum Einsatz kommen. Ich beginne hier häufig mit der Verschreibung eines milden Antidepressivums. Als sehr hilfreich haben sich hier Substanzen wie Citalopram (Cipramil®) oder Sertralin (Zoloft®) erwiesen. Diese Medikamente gehören zur Gruppe der sog. Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI)– sie haben ein recht günstiges Nebenwirkungsprofil und haben neben ihrer stimmungsaufhellenden Wirkung auch eine gewisse Antrieb-steigernde Komponente, die wir uns bei der Behandlung der Fatigue zunutze machen. Aufgrund der häufigen Überlappung zwischen Fatigue und depressiver Stimmungslage ist aber auch der stimmungsaufhellende Aspekt dieser Medikamente für viele Patienten hilfreich. Erzielt man mit den SSRI keinen Erfolg, kann man einen Therapieversuch mit Amantadin (PK Merz®) unternehmen. Amantadin ist eigentlich ein Parkinsonmedikament, hat aber in Studien an MS-Patienten eine moderate Verbesserung der Müdigkeit gegenüber Placebo zeigen können. Daher ist sein Einsatz einen Versuch wert, auch wenn das Medikament offiziell (vom gemeinsamen Bundesausschuss) als nicht wirksam eingestuft wurde. Daher kann seine Verordnung – auch wenn das Präparat bereits generisch ist – manchmal Probleme mit der Kostenerstattung nach sich ziehen.

Eine weitere Substanz, die v.a. nach Austestung anderer Strategien in Erwägung gezogen werden kann, ist Modafinil (Vigil®), das zur Behandlung der Narkolepsie zugelassen ist. Die Therapiestudien mit Modafinil bei MS waren nicht eindeutig positiv. Allerdings beobachten wir immer wieder im Einzelfall, dass Modafinil bei einigen MS-Erkrankten eine wirklich gute Wirkung auf die Fatigue hat. Wenn hierdurch z.B. ein Verbleib im Berufsleben gesichert werden kann, dann ist die Verordnung dieser Substanz sicherlich gerechtfertigt. Voraussetzung für die Verordnung dieses relativ teuren Medikamentes ist aber eine eindeutige Dokumentation, dass man mit anderen Konzepten, trotz konsequenter Anwendung, keinen Erfolg erzielt hat.

Fampridine (Fampyra®) ist mittlerweile eine gut etablierte symptomatische Therapie der MS zur Verbesserung einer MS-bedingten Gangstörung. Mittlerweile mehren sich aber auch die Berichte in der Literatur, die zeigen, dass die Einnahme von Fampridine auch zu einer Reduktion der Fatigue führen kann. Von daher ist auch Fampridine eine mögliche Option zur medikamentösen Behandlung der Fatigue, insbesondere wenn eine Gangstörung besteht. Zu guter Letzt möchte ich aber nicht unerwähnt lassen, dass ich persönlich glaube, dass das Ausmaß der Erschöpfbarkeit mit dem Maß an entzündlicher Aktivität/Gewebezerstörung bei MS korreliert. Daher bin ich der Meinung, dass die effektivste Behandlung der Fatigue wahrscheinlich eine gute medikamentöse Kontrolle der Grunderkrankung MS mit immunmodulatorischen Therapien darstellt.

22 Kommentare

  1. Hallo @ alle:

    hervorheben würde ich diese 2 Sätze:
    – nach Kühlung über 30 – 45 min eine Verminderung der Fatigue über einige Stunden …
    – Wenn trotz guten Trainingszustandes die Fatigue auch weiterhin ein Problem darstellt, können medikamentöse Strategien zum Einsatz kommen.

    Dass ein Arzt dann sofort zu Details bei Medikamenten übergeht, na ja, nehmt Ihr das nicht allzu persönlich ? Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel. nach Paul Watzlawick, österreichisch-amerikanischer Kommunikationswiss., Psychotherapeut, Soziologe, Philosoph und Autor…

  2. Hallo zusammen,

    seit wie vielen Jahren ich „dabei“ bin, kann ich nicht sagen (vermutlich ca. 30), denn damals waren die Ärzte sehr schweigsam. Ich hätte mir die Infos wie ich sie heute aus dem Internet ziehen kann gewünscht. Auch solche Blogs.

    Was Andi oben schreibt teile ich komplett. Ich gehe auch noch von einer anderen Seite heran. Wenn ich etwas nutze, das ich meiner Meinung nach nicht ausreichend selbst bezahle, überlegt ich, WIE finanziert sich das. AMSEL, DMSG etc. leisten Beachtliches. Neben vielen freiwilligen Helfern werden natürlich auch Gelder benötigt. Spenden Privater, öffentliche Zuwendungen, Mitgliedsbeiträge, Bußgelder etc. erscheinen mir nicht ausreichend. Aber ich weiß, die Pharmakonzerne geben mehr Geld für Marketing aus als für Forschung. Also wird die Industrie auch solchen Organisationen etwas zukommen lassen. Ich kann viele Dinge kostenlos nutzen, da ist es für mich kein Problem hin und wieder die Namen von Medikamenten zu lesen. Auch werden wir schon seit längerem dazu angehalten in vielen Bereichen mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. Da gehört für mich der medizinische Sektor auch dazu. Mir wurden in all den Jahren jede Menge Pillchen etc. vorgestellt. Die wenigsten schafften es in meine „Hausapotheke“. Auch ich beabsichtige nicht als wandelnde Apotheke an multiplem Organversagen zugrunde zu gehen. Ich bekomme monatlich eine Infusion, nehme Blasentablettchen und D3. Auch über Fampyra, Citalopram usw. habe ich mir Gedanken gemacht. Z. T. auch probiert, bin aber zu dem Entschluß gekommen, der Nutzen ist geringer als die potentiellen Nebenwirkungen. Seit ich die Infusion bekomme (ca. 4 Jahre, Ergebnis einer Zweitmeinung) ist der Zustand stabil. Zuvor war ich die reinste „tickende Zeitbombe“, man wusste nie wann was losgeht. Ich teile auch nicht die Ansicht, Prof. Mäurer würde die Angste und Nöte nicht kennen/berücksichtigen. Solche Dinge werden im persönlichen Gespräch behandelt. Wer die Gelegenheit dazu nutzt, der wird durchaus positiv überrascht sein. Dass dem CKBM an einer umfängliche Beratung der Patienten liegt, das ist auch daraus ersichtlich, dass bei den jährlichen Infotagen im Krankenhaus von Prof. Mäurer und seinem Team zusätzlich zur Medikation auch noch andere Schwerpunkt gesetzt wurden.

    Alles Gute für alle und immer schön neugierig und kritisch bleiben … here we go …

  3. Eine Strategie meinerseits mit Fatigue umzugehen ist: So bewusst, wie möglich zu agieren. Das ist extrem ungewohnt, deshalb schwierig, sonst wäre es einfach!
    Wenn mir diese Haltung gelingt, bin ich fasziniert, wie fit ich sein kann! Dazu gehört auch Gedanken bewusst wahrzunehmen und gegebenenfalls nicht mehr für die absolute Wahrheit zu halten usw.
    Grüße an alle, die verstehen um was es mir geht (ich könnte mir vorstellen, daß das mit Neuroplastizität zu tun hat)
    Matthias

    1. Hallo Matthias,
      hm – also: ich muss alles sehr bewusst machen. Bei jedem Schritt muss ich mich konzentrieren. Nehme ich ein Getränkt, oder esse etwas, muss ich sehr achten, nichts zu verschütten / zu kleckern usw. Beim Hinsetzen und Aufstehen besteht zu jeder Zeit ein Sturzrisiko, ich benötige jeden Tag viele Stunden Pausen (zwischen Aktivitäten, die aber zeitlich erheblich begrenzt sind).
      Für mich ist das eigentlich eher eine Erklärung oder sogar die Ursache meiner kognitiven Fatigue: weil ich ständig auf alles achten muss, ist weniger da an Ressourcen

      1. Hallo Nordseeküste,
        Beim draufachten meinte ich eher: nicht so sehr verspannt darauf achten, ja nichts zu verschütten oder hinzufallen, sondern andersherum: das Glas bewusst zu spüren etc. und nicht schon weiterdenken. („oh Gott, hoffentlich krieg ich´s zum Mund“) Sonst achte ich ja auf die Angst. Verstehen Sie?

  4. Hallo,

    ich versuche gerade, manche Kommentare nachzuvollziehen.
    Als Neuling mit vor einigen Wochen begonnener Basistherapie lese ich sehr regelmäßig den Blog von Dr Mäurer und er bringt mir doch viele gute Kenntnisse.
    Die Krtik, dass hier sehr im Sinne der Pharmabranche gesprochen wird, kann man natürlich anbringen. ABER – Herr Mäurer ist Prof an einem öffentlichen Krankenhaus und logischerweise besteht sein Tagesgeschäft aus der Behandlung von Patienten mit den verfügbaren medizinischen Möglichkeiten. Diese sind nunmal die gängigen Medikamente – nicht mehr und nicht weniger. Im obigen Text werden mögliche Beschwerden angesprochen und verfügbare Medikamente genannt. Wenn ich Alternativen suche, gehe ich zu meinem Heilpraktiker, da bekomme ich dann seine verfügbaren Mittel – nicht mehr und nicht weniger.

    Nur das Beste für Alle!

    1. Ich wünsche auch dir nur das Beste! Und von Herzen drücke ich dir die Daumen, dass die Basistherapie dir helfen möge.

      Im Anprangerungssinne suche ich die MS-Patienten, die seit 10 oder mehr Jahren mit der stetig gleichen Substanz behandelt werden, prima u nebenwirkungsarm sowie psychisch gesund damit zurechtkommen. Diese habe ich nicht kennengelernt! Würde sie aber gern kennenlernen. Ich kenne nur welche, die über kurz oder lang die Basistherapie wegen der Nebenwirkungen u sämtlichen Begleiterscheinungen, die dann mit immer neuen Präparaten behandelt werden, doch wieder abbrechen. Oder dabei bleiben u sich nicht gut damit fühlen. Gerade in der MS Behandlung ist die mangelnde Therapietreue bekannt. Das hat doch Gründe!

      Darüber hinaus wird seit Jahren propagiert, was es für wunderbare MS-Medikamente gäbe! Wenn dem so sei, dann müssten wir alle Polka tanzen u es würde nicht permanent eine neue Pharmasau durchs Dorf getrieben. Gerade Letzteres passiert aber am laufenden Band! Das kann nur daran liegen, dass die bisherigen Mittel eben nicht die gewünschten (Heilungs)Effekte bringen. Oder?

      Ich tanze Polka ohne Medikamente. Nun auch schon seit Jahren.

      M.

      1. Hallo,
        —–
        suche ich die MS-Patienten, die seit 10 oder mehr Jahren mit der stetig gleichen Substanz behandelt werden, prima u nebenwirkungsarm sowie psychisch gesund damit zurechtkommen. Diese habe ich nicht kennengelernt! Würde sie aber gern kennenlernen.
        ——-

        Hier , ich gehöre zu dieser Untergruppe: 12 Jahre Rebif. Oh, ich soll nicht den Verkaufsnamen nennen, also: 12 Jahre Interferon beta-1a (3 x spritzen pro Woche) … Hm, das schließt jetzt nur die Neulinge aus, jeder alte Hase weiß eh, wie es heißt, na egal.

        Nach gut 10 Jahren hatte ich jedoch den Eindruck, dass die Nebenwirkungen stärker werden. Ich hab´s darum mit meinem ambulanten Neuro + der MS-Ambulanz beobachtet und besprochen und nach 2 Jahren , wo sich mein Eindruck und die Beschwerden verstärkten, dann gewechselt.
        Zwischenzeitlich waren Tabletten gegen MS zugelassen, die eine Sorte half mir nicht, die andere hilft.

  5. In einem muss ich meinem Neurologen recht geben: gegen Fatigue gibt es so gut wie nichts. Ich habe auch mit Vitamin D keine Besserung verspürt. Und ich nehme mittlerweile überhaupt nichts mehr, mit dem Erfolg, dass zumindest die NW wie die täglichen Flushs bei Tecfidera und die dicken, heißen, schmerzhaften Knubbel bei Copaxone weg sind.

    Dabei bin ich nicht grundsätzlich gegen die Schulmedizin. Aber ich muss halt einen Erfolg sehen. Und der war nicht da. Mag ja sein, dass irgendwann der große Einbruch kommt. Aber bis dahin habe ich ein NW freies Leben. Ein böses Ende kann es ja auch trotz Medikation geben. Oder gerade wegen? Man weiß es nicht.

  6. Liebe Mikkelina, Leonie, Josefa, Barockhörerin, M.Albers und Walter,

    habt Dank für Eure sachlichen und dennoch emotionalen Kommentare!
    Dafür noch bisschen was vom Satiriker, der in dieser aufgeheizten Zeit nur noch eben ein Beispiel dafür geben möchte, was man vermutlich nicht sagen darf:

    Wer sich unbeirrt sooo viel Hochpreis… ähm -wertiges von der Seele schreibt, von dem könnte man annehmen, er habe die seine zuvor verkauft.

    War nur’n Scherz vom albernen
    jerry

  7. Fatigue ist eine extrem behindernde Symptomatik und einer der Hauptgründe für Berentung bei MS-Betroffenen (1), also eines der wichtigsten noch ungelösten Probleme bei MS. Soweit sind sich wohl alle einig.

    Anders als mit der Illustration suggeriert, schlafen MS-Betroffene mit Fatigue selten in unbequemen Stellungen ein. Das würde auch kaum helfen. Fatigue ist keineswegs nur eine anfallsartige Müdigkeit, es ist vielmehr eine mehr oder weniger ständige und unkalkulierbare Erschöpfung, mit der man seinen gesamten Alltag bestreiten muss. Es ist geradezu kennzeichnend, dass die Betroffenen völlig unauffällig wirken, obwohl sie sich abgrundtief erschöpft fühlen, und obwohl keine relevante Anstrengung vorausgegangen ist. Die im Blog dargelegten Behandlungsansätze verschaffen zwar eine gewisse Erleichterung, das Fatigue-Syndrom bleibt dennoch grundsätzlich bestehen. Tatsächlich bleibt dem Betroffenen nichts anderes übrig, als das von Barocke Hörerin beschriebene „Fatigue-Management“ anzuwenden, um überhaupt handlungsfähig zu bleiben, wenn auch, je nach Ausprägung, der Handlungsspielraum im Vergleich zu Nicht-Betroffenen eher mehr als weniger stark eingeschränkt ist. Deswegen ja die vielen Berentungen.

    Ich kenne keine kontrollierten Studien über die Wirksamkeit verfügbarer Immuntherapien auf den primären Endpunkt „Besserung oder Verhinderung von Fatigue“. Umgekehrt kenne ich Fatigue als Sicherheitsrisiko, als typische und häufige Nebenwirkung vieler dieser Medikamente, auch wenn man es in Studien und den Fachinformationen lieber als „Asthenie“(= Schwäche) oder „Abgeschlagenheit“ bezeichnet. Die Interferon-induzierte Fatigue ist – nicht erst seit der Anwendung bei MS – in der Medizin bekannt, und nicht umsonst hält die Mehrheit der Betroffenen eine Interferontherapie weniger als zwei Jahre lang durch. (2) Es wird auch am Beispiel „Fatigue“ einmal mehr deutlich, dass Nutzen-Risiko-Abwägungen bei Immuntherapien nicht ausgewogen vorgenommen werden. Wer kann sagen, wie viel Fatigue – wie viel Berentung – Therapiefolge ist?

    (1) http://www.amsel.de/multiple-sklerose-news/amsel-aktuell/Spaete-Diagnosestellung-und-zu-frueh-verrentet_5309 [eingesehen am 16.04.2016]
    (2) http://tims-trier.de/wp-content/uploads/2016/04/ZIMS1_Keinen_Bock_mehr.pdf [eingesehen am 16.04.2016]

  8. Fatigue ist eine extrem behindernde Symptomatik und einer der Hauptgründe für Berentung bei MS-Betroffenen (1), also eines der wichtigsten noch ungelösten Probleme bei MS. Soweit sind sich wohl alle einig.

    Anders als mit der Illustration suggeriert, schlafen MS-Betroffene mit Fatigue selten in unbequemen Stellungen ein. Das würde auch kaum helfen. Fatigue ist keineswegs nur eine anfallsartige Müdigkeit, es ist vielmehr eine mehr oder weniger ständige und unkalkulierbare Erschöpfung, mit der man seinen gesamten Alltag bestreiten muss. Es ist geradezu kennzeichnend, dass die Betroffenen völlig unauffällig wirken, obwohl sie sich abgrundtief erschöpft fühlen, und obwohl keine relevante Anstrengung vorausgegangen ist. Die im Blog dargelegten Behandlungsansätze verschaffen zwar eine gewisse Erleichterung, das Fatigue-Syndrom bleibt dennoch grundsätzlich bestehen. Tatsächlich bleibt dem Betroffenen nichts anderes übrig, als das von Barocke Hörerin beschriebene „Fatigue-Management“ anzuwenden, um überhaupt handlungsfähig zu bleiben, wenn auch, je nach Ausprägung, der Handlungsspielraum im Vergleich zu Nicht-Betroffenen eher mehr als weniger stark eingeschränkt ist. Deswegen ja die vielen Berentungen.

    Ich kenne keine kontrollierten Studien über die Wirksamkeit verfügbarer Immuntherapien auf den primären Endpunkt „Besserung oder Verhinderung von Fatigue“. Umgekehrt kenne ich Fatigue als Sicherheitsrisiko, als typische und häufige Nebenwirkung vieler dieser Medikamente, auch wenn man es in Studien und den Fachinformationen lieber als „Asthenie“(= Schwäche) oder „Abgeschlagenheit“ bezeichnet. Die Interferon-induzierte Fatigue ist – nicht erst seit der Anwendung bei MS – in der Medizin bekannt, und nicht umsonst hält die Mehrheit der Betroffenen eine Interferontherapie weniger als zwei Jahre lang durch. (2) Es wird auch am Beispiel „Fatigue“ einmal mehr deutlich, dass Nutzen-Risiko-Abwägungen bei Immuntherapien nicht ausgewogen vorgenommen werden. Wer kann sagen, wie viel Fatigue – wie viel Berentung – Therapiefolge ist?

    (1) http://www.amsel.de/multiple-sklerose-news/amsel-aktuell/Spaete-Diagnosestellung-und-zu-frueh-verrentet_5309 [eingesehen am 16.04.2016]
    (2) http://tims-trier.de/wp-content/uploads/2016/04/ZIMS1_Keinen_Bock_mehr.pdf [eingesehen16.04.2016]

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Unsere Website verwendet Cookies und sammelt dabei Informationen über Ihren Besuch, um unsere Website zu verbessern (durch Analyse), Ihnen Social Media-Inhalte und relevante Werbung anzuzeigen. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Seite . Sie können zustimmen, indem Sie auf die Schaltfläche "Akzeptieren" klicken.

Cookie-Einstellungen

Unten können Sie auswählen, welche Art von Cookies Sie auf dieser Website zulassen. Klicken Sie auf die Schaltfläche "Cookie-Einstellungen speichern", um Ihre Auswahl zu übernehmen.

FunktionalUnsere Website verwendet funktionale Cookies. Diese Cookies sind erforderlich, damit unsere Website funktioniert.

AnalyticsUnsere Website verwendet analytische Cookies, um die Analyse und Optimierung unserer Website für a.o. die Benutzerfreundlichkeit.

Social Media, YouTube, VimeoUnsere Website platziert Social Media-Cookies, um Ihnen Inhalte von Drittanbietern wie YouTube und FaceBook anzuzeigen. Diese Cookies können Ihre persönlichen Daten verfolgen.

WerbungUnsere Website platziert Werbe-Cookies, um Ihnen Werbung von Drittanbietern zu zeigen, die Ihren Interessen entspricht. Diese Cookies können Ihre persönlichen Daten verfolgen.

AndereAuf unserer Website werden Cookies von Drittanbietern von anderen Diensten von Drittanbietern platziert, bei denen es sich nicht um Analysen, soziale Medien oder Werbung handelt.