ECTRIMS 2018 – Umweltfaktoren

Die Rolle von Umweltfaktoren für die Entstehung und den Verlauf der Multiplen Sklerose sind für Patienten immer von besonderem Interesse. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesem Themenkomplex sind nicht selten der Ausgangspunkt alternativer Therapiekonzepte, die im World Wide Web angeboten und diskutiert werden. Als aktuelles Beispiel kann die Diskussion über Vitamin D dienen – und dementsprechend dürfte von Interesse sein, was auf dem ECTRIMS speziell zum Thema Umweltfaktoren berichtet wurde.

Die Bedeutung von Umweltfaktoren gründet u.a. auf der Beobachtung, dass eineiige Zwillinge – trotz identischer genetischer Ausstattung – nur in ca. 30% der Fälle beide an MS erkranken. Dieser Befund belegt, dass MS nicht ausschließlich auf einer angeborenen Veranlagung beruhen kann. Darüber hinaus weist die regional unterschiedliche Prävalenz der MS auf die Bedeutung von Umweltfaktoren hin. So begründet die höhere Prävalenz der Erkrankung in Ländern mit geringerer Sonneneinstrahlung das wissenschaftliche Interesse an Vitamin D.

Kurz zusammengefasst konnten in den letzten Jahren Rauchen, Seropositivität für EBV (Epstein-Barr Virus), niedrige Vitamin D-Spiegel/niedrige Sonnenexposition, Schichtarbeit und Fettleibigkeit in der Adoleszenz als Umweltfaktoren mit Assoziation zur MS belegt werden. Darüber hinaus existieren viele attraktive Hypothesen zu weiteren Umweltfaktoren, die für die Entstehung von MS eine Rolle spielen könnten.

Das ultimative Ziel besteht darin, wissenschaftlich zu belegen, ob und wie man mit der Modulation solcher Umweltfaktoren Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung nehmen kann, doch das ist alle andere als trivial. Leider ist es häufig so, dass bereits eine attraktive Hypothese als ausreichend betrachtet wird, um eine Modulation von Umweltfaktoren, sei es durch eine besondere Diät, Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln oder Verhaltensänderungen, als wissenschaftlich begründet zu propagieren.

Wie schwierig es aber ist, eine attraktive Hypothese wissenschaftlich zu untersuchen und die Bedeutung für MS-Erkrankte zu belegen, machte Prof. Dr. Ralf Linker von der Universität Regensburg deutlich, der salzreiche Ernährung als Risikofaktor für MS untersucht hat. Diese Hypothese ist attraktiv, weil MS eine besonders hohe Prävalenz in Ländern mit hoher Verbreitung der salzreichen „Western diet“ aufweist und die pro-inflammatorische Wirkung von Salz im Tiermodell belegt werden konnte. Professor Linker konnte mit seiner Arbeitsgruppe zeigen, dass eine hohe Salzzufuhr das Mikrobiom beeinflusst und die daraus resultierenden pro-inflammatorischen Effekte durch die Supplementierung mit Probiotica rückgängig gemacht werden konnten. So wurde experimentell sehr elegant gezeigt, das Ernährung und Mikrobiom „immunologisch“ interagieren. Prof. Linker betonte allerdings, dass er auf seinen Ergebnissen noch keine therapeutischen Empfehlungen gründen würde. Man darf aber gespannt sein, wie sich die Strategien zur Beeinflussung des Mikrobioms weiterentwickeln.

Im weiteren Verlauf der wissenschaftlichen Sitzung zur Bedeutung von Umweltfaktoren haben mehrere Arbeitsgruppen unisono die Bedeutung der Fettleibigkeit als Risikofaktor bei MS betont. So konnte die Arbeitsgruppe von Ellen Mowry von der Johns Hopkins Universität in Baltimore zeigen, dass ein erhöhter BMI (Body mass index) wesentlich deutlicher mit einer Atrophie der grauen Hirnsubstanz assoziiert ist als z.B. niedrige Vitamin D-Spiegel.

Prof. Mar Tintore, Barcelona berichtete über die Untersuchungen zur Prognose von Patienten mit einem ersten klinischen Schub (die sog. Barcelona Kohorte mit mehr als 1000 Patinten) unter Berücksichtigung der modifizierbaren Risikofaktoren Rauchen und Vitamin D. Besonders für das Rauchen zeigte sich ein geradezu dramatischer Einfluss auf das Progressionsrisiko von Patienten, die aufgrund andrer Parameter bereits ein hohes Risiko für eine rasche Krankheitsprogression hatten.

Diese Ergebnisse belegen doch deutlich, dass es sinnvoll ist, in erster Linie Risikofaktoren wie Rauchen und Übergewicht zu modulieren, die einfach anzugehen sind und deren Modulation auch generell einen positiven Gesundheitseffekt hat.

2 Kommentare

  1. Sie haben ein wichtiges Ergebnis der Studie von Prof. Mar Tintore totgeschwiegen:
    Zitat:
    Conclusion: Smoking AND LOW VITAMIN D levels are key modifiable prognostic factors that show a dramatic interaction with risk of EDSS progression. Design of preventive strategies is warranted.

    Aber dass ein niedriger Vitamin D-Wert ebenfalls einen dramatischen Einfluss auf die Krankheitsprogression hat, haben Sie vermutlich „vergessen“…..oder!?

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