Was ist eigentlich der MSFC?

Mit der Abkürzung MSFC ist der sogenannte Multiple Sclerosis Functional Composite-Index gemeint. Dies ist eine quantitative  Befunderhebung, bei der die 7,6m-Gehstrecke, der sogenannte 9-Loch-Steckbrett-Test und der PASAT3-Test, ein neurokognitiver Test, angewendet werden, um eine Bewertung der Funktionalität eines MS-Patienten vorzunehmen.

Der MSFC wurde in den USA entwickelt, die ursprüngliche Länge der Gehstrecke betrug 25 Fuß,   was ungefähr 7,6 m entspricht – daher die „krumme“ Distanz für die Gehstrecke. Für die Testung wird die Zeit ermittelt, in der ein MS-Patient schnellstmöglich diese Distanz zurücklegt – Gehhilfen, wie ein Gehstock oder ein Rollator dürfen dabei benutzt werden. Die Gehstrecke ist somit ein Test für die Funktion der unteren Extremität.

Beim 9-Loch-Steckbrett-Test müssen 9 Plastikstäbchen mit der Hand aus Ihrer Halterung (Loch)  genommen werden, in eine Schale gelegt werden, um danach wieder aus der Schale genommen zu werden und in die Halterung zurückgesteckt werden. Jede Hand wird einzeln getestet, der Test wird zweimal durchgeführt, die Aktion soll schnellstmöglich ausgeführt werden, der schnellste Versuch jeder Hand wird bewertet. Der 9-Loch-Steckbrett-Test ist damit ein funktioneller Text der oberen Extremität.

Der PASAT3-Test ist ein neurokognitiver Test, bei dem die Testperson im Abstand von 3 Sekunden Zahlen von einem Tonträger hört (deshalb PASAT3). Die Testperson muss immer die jeweils letztgehörte Zahl mit der neuesten Zahl addieren. Beispiel: Vom Tonträger kommt die Zahl 2, nach weiteren 3 Sekunden ertönt die Zahl 5, die Testperson muss 7 notieren, vom Tonträger kommt nach weiteren 3 Sekunden die Zahl 4, die Versuchsperson muss jetzt 9 notieren usw.
Der PASAT3 ist auch für gesunde Normalpersonen alles andere als einfach. Er testet im Übrigen weniger das Rechenvermögen als vielmehr die Konzentration und die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, also zwei Fähigkeiten, die bei MS-Patienten in Mitleidenschaft gezogen werden können.

Der PASAT ist bei vielen MS-Patienten alles andere als beliebt – nicht selten fließen dabei auch Tränen. Aus diesem Grund sind viele Praxen und Kliniken dazu übergegangen, den PASAT durch den SDMT (Symbol Digit Modality Test) zu ersetzen. Dieser ist für die Patienten erheblich angenehmer durchzuführen. Darüber hinaus gilt er auch für die Untersuchung des Arbeitsgedächtnisses und der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit als der bessere Test. Der SDMT präsentiert die Zahlen 1 bis 9, die neun Symbolen zugeordnet sind. Diese Zuordnung soll sich die Testperson kurz einprägen. In einer Reihe mit wahllos aufeinander folgenden Symbolen soll die Testperson nun möglichst viele Zahlen den entsprechenden Symbolen zuordnen. Dazu sind 90 Sekunden Zeit; die Testperson kann jeder Zeit einen Blick auf die vorgegebene Zuordnung werfen. Die Anzahl der richtig zugeordneten Zahlen ergibt das Testergebnis.

Den MSFC-Wert – also die Zusammenfassung der einzelnen Testverfahren –  erhält man durch eine sog. z-Transformation, ein Verfahren der Standardisierung, das notwendig ist, um unterschiedlich verteilte Zufallsvariablen miteinander vergleichen zu können. Leider ist ein solcher z-Wert relativ abstrakt und schwer zu interpretieren. Daher hat sich in der Praxis eher der Vergleich der Rohdaten der einzelnen Funktionstests im Verlauf durchgesetzt. Als ein akzeptabler Wert für eine Verbesserung oder Verschlechterung gilt eine Veränderung des Ausgangswertes um etwa 20%.

Die Performance im MSFC korreliert im übrigen recht gut dem EDSS-Wert. Im Gegensatz zum EDSS  ist der MSFC aber wesentlich schneller und einfacher zu erheben und eignet sich daher auch für eine standardisierte Verlaufskontrolle. Dennoch ist das Verhältnis vieler ärztlicher Kollegen  zum MSFC zwiespältig – sie finden es absurd, dass mit so „simplen“ Tests die Verlaufskontrolle von MS-Patienten gelingen soll. Darüber hinaus gibt es aber auch  die berechtigte Kritik, dass der MSFC nicht alle Dimensionen – wie zum Bespiel das visuelle System – abdeckt und bei häufiger Durchführung auch ein Lerneffekt zu beobachten ist. Was die Abdeckung weiterer Dimensionen betrifft, so wird derzeit daran gearbeitet den MSFC um Tests für das visuelle System zu erweitern (z.B.  Tafeln zu Ermittlung der Kontrastwahrnehmung).

Trotz dieser Kritik ist der MSFC aus meiner Sicht jedoch ein sinnvolles Instrument, das mit einfachen Mitteln eine verlässliche und standardisierte Verlaufskontrolle von MS-Patienten zulässt und damit auch bei der Überwachung von MS Therapien eine wichtige Rolle spielt. Daher ist auch jede zukünftige Verbesserung dieses Systems herzlich willkommen.

 

3 Kommentare

  1. Hallo,
    es gibt bei der MS nicht nur den Verfall, es gibt auch z.B. die sogenannten „unsichtbaren“Symptome. Und es gibt negative Spätfolgen, die man vermeiden könnte, wenn man sich kümmert ! Und man baut keine Autounfall, wenn man Aufmerksamkeit und Sehvermögen abcheckt. Mir machen z.B. die Aufmerksamkeitsprobleme und die Fatigue Probleme, speziell auch die kognitive Fatigue. Ich hab auch oft genug beim Passat-Test weinen müssen – 1992 hatte ein Neurologe bei mir einen „MS-Verdacht“, bis zur MS-Diagnose dauerte es dann bis Ende 1999. Und immer noch, auch 2016, bin ich Fußgänger – darum sprechen mir manche schlimmer betroffene MSler ab, etwas davon zu verstehen – es ginge mir doch gut. Meine Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Orientierungsprobleme kann ich kompensieren, immer so 2 Stunden hintereinander, dann eben nicht mehr…
    Ich finde es hilfreich, mit unterschiedlichen Tests die verschiedenen Funktionsstörungen zu untersuchen- und dann entsprechend zu reagieren (sich einzustellen darauf).
    Klar, wenn Du zu den Prozenten gehörst, die bettlägerig sind binnen kurzer Zeit, dann bezweifelt man die Sinnhaftigkeit. Aber für dreiviertel von uns passt das, dann „fehlt“ nur noch immer mal eine Kontrolle bei einem MS-erfahrenen Urologen, damit man als langfristig MS-Kranker sich die Nieren gesund erhält (falls es da keine Probleme mit estharn oder Ähnlichem gibt ist ja gut, dan geht man eben nicht jedes Jahr hin sondern seltener).

  2. „Dennoch ist das Verhältnis vieler ärztlicher Kollegen zum MSFC zwiespältig – sie finden es absurd, dass mit so „simplen“ Tests die Verlaufskontrolle von MS-Patienten gelingen soll. Darüber hinaus gibt es aber auch die berechtigte Kritik […]“

    Die Kritik Ihrer Kollegen ist also Ihrer Meinung nach unberechtigt. Es wäre nett, wenn sie hier auch argumentieren, statt das beiläufig pauschal als Blödsinn abzutun. Auch aus meiner Sicht hat jeder simple Test Schwächen, da er nur einen Teil der Symptome abdeckt.
    Wie passt dies denn mit dem immer wieder als Totschlagargument gegen weitere differentialdiagnistische Untersuchungen dienende Bild von der Krankheit mit den 1000 Gesichtern zusammen?

    Ansosnten ganz ausführlich beschrieben. Gibt es einen sinnvollen Einsatz, der solche Tests notwendig macht. Für die Medikamentenstudien ist das sicher sinnvoll, aber für den normalnen Patienten. Wer braucht diese Testergebnisse? Der Patient weiß auch so wie schlecht oder gut es ihm geht.

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