Ein Arzt erklärt einem MS-Patienten am Bildschirm MRT-Bilder des Gehirns.

Neues von der AAN 2017

In der Regel versuche ich im Rahmen des DocBlog über internationale Kongresse zu berichten, die insbesondere für MS- Patienten von Bedeutung sind. Dazu gehört ohne Zweifel das Meeting der American Academy of Neurology (AAN), das dieses Jahr Ende April in Boston stattfand. Ich selbst hatte dieses Jahr keine Möglichkeit, den Kongress zu besuchen und habe daher auch etwas Zeit gebraucht, die Ergebnisse des Meetings zu sichten.Insgesamt war die Multiple Sklerose zwar mit täglich zwei wissenschaftlichen Vortragsveranstaltungen und einer Vielzahl von Postern gut repräsentiert, gänzlich neue Studienergebnisse wegweisender Phase II/III Studien wurden allerdings bei diesem Meeting nicht vorgestellt. Im Wesentlichen wurden weitere Subgruppenanalysen verschiedener schon bekannter Studien präsentiert, die unterschiedliche Aspekte der einen oder andere Substanz noch näher beleuchten, wobei man hier auch eine gewisse Redundanz feststellen konnte. Also, unter dem Strich kann man festhalten, dass derzeit keine wirklich bahnbrechenden Erkenntnisse zu kommunizieren sind.

Ich habe daher ein paar Themen herausgegriffen, die ich persönlich ganz interessant fand, die aber nur einen ganz kleinen Ausschnitt dieses riesigen internationalen Meetings darstellen:

(1) Man kann festhalten, dass weiterhin die progrediente MS im Focus des allgemeinen Interesses steht. Hier wurden z.B. weitere Details der EXPAND Studie zum Einsatz von Siponimod bei der sekundär chronisch progredienten MS vorgestellt. Die Studie war ja insgesamt im Hinblick auf den primären Endpunkt Behinderungsprogression positiv und zeigte auch eine entsprechende Wirkung auf die MRT Parameter. Die Differenz in den Veränderungen beim 25-Fuß-Gehtest (Timed 25-Foot Walk) zur Baseline war jedoch nicht signifikant. Hier zeigte sich nur bei Patienten mit niedrigeren EDSS-Werten ein Vorteil bei der Gabe der aktiven Substanz. Dieses Ergebnis deutet ebenfalls darauf hin, dass man auch bei progredienten Verlaufsformen umso mehr therapeutischen Erfolg hat, je früher im Krankheitsverlauf die Intervention begonnen wird.

(2) Eine aus meiner Sicht recht interessante Arbeit wurde von der Cleveland Clinic in Ohio kommuniziert. Die Arbeit beschäftigte sich mit dem Absetzen der immunmodulatorischen Therapie bei Patienten mit einem Alter über 60 Jahren. Ich hatte ja schon im Rahmen des DocBlog über die natürliche Alterung des Immunssystems mit Abnahme der entzündlichen Aktivität berichtet. Die Kollegen haben in ihrer Datenbank insgesamt 724 Patienten unter  immunmodulatorischer Therapie im Alter von über 60 Jahren identifiziert. Insgesamt 211 haben die Therapie beendet, nur 9.5% der Patienten haben die Therapie später wieder begonnen, wobei am häufigsten der Patientenwunsch und nicht erneute Krankheitsaktivität der Grund für das erneute Ansetzen der Therapie waren. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass man bei einem Alter über 60 Jahre durchaus auch eine Beendigung der Therapie in Erwägung ziehen darf, ohne dass dadurch ein großes Risiko generiert wird.

(3) Ein interessantes Thema  – was auch im DocBlog bereits häufig thematisiert wurde – ist die Beendigung von Natalizumab. Durch Auswertung des Tysabri Beobachtungsprogramms (TOP) konnte bei über 1.000 Patienten der Verlauf nach Absetzen von Natalizumab untersucht werden. Der häufigste Grund für ein Absetzen der Medikation war die Sorge vor einer PML-Erkrankung. Grundsätzlich ließ sich feststellen, dass sich der EDSS-Wert nach Absetzen der Substanz im Vergleich zur prätherapeutischen Phase im Mittel verschlechtert hat. Hingegen war der EDSS-Wert unter der Therapie mit Natalizumab im Vergleich zur prätherapeutischen Phase verbessert. Die Verschlechterung war am ausgeprägtesten nach Umstellung auf injizierbare Therapien wie Interferone und Glatirameracetat. Die Daten belegen somit, dass das Absetzen von Natalizumab mit dem Risiko der Verschlechterung der Gesamtsituation assoziiert ist und daher gut indiziert sein sollte.

(4) Ein wichtiger Befund zur Wirkung von Fampridin auf die kognitive Funktion vom MS-Patienten wurde von einer italienischen Arbeitsgruppe mitgeteilt. Bisher wird die Substanz ja vor allem zur Behandlung von Gehstörungen eingesetzt. Aufgrund ihres Wirkmechanismus ist allerdings denkbar, dass weit mehr funktionelle Defizite bei MS positiv beeinflusst werden können. Somit ist das Ergebnis einer Verbesserung eines kognitiven Tests (SDMT) unter der Therapie mit Fampridin bemerkenswert und könnte eine Grundlage zur Ausweitung der Indikation bieten.

Wie gesagt nur eine kleiner, persönlich gewichteter Ausschnitt…. Viele Grüße an meine geschätzten Leser.

Ein Kommentar

  1. Habe nach dem Absetzen von Tysabri – Infusionen auch die Erfahrung einer schnellen Verschlechterung beobachtet. Nehme heute Aubagio ein.( 3/4 Jahr keinen Schub, aber schleichende Verschlechterung des Gangbildes)! Habe heute in einer Fernsehsendung über
    Propionsäure 1000 mg/ täglich ( Probionsäure?) gehört! Universität Bochum hat verantwortlich gezeichnet.Welche Präparate sind für MS-Kranke geeignet und welche NW sind zu erwarten oder ist davon abzuraten? Natürlich werde ich meinen behandelnden Neurologen mit einbeziehen. Ist ja jetzt eigentlich ein Kommentar mit Anhangsfrage! Trotzdem wäre ich für Ihre Meinungsmail dankbar. Danke und freundlichen Gruß,Susanne Grimm.

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